Täglich erreichen uns neue Berichte von rassistischen Angriffen des AKP/MHP-Regimes auf Kurd*innen in der Türkei und Nordkurdistan. Die Schärfe der staatlichen Assimilationspolitik zeigt ein neuer Vorfall aus der nordkurdischen Provinz Bedlîs (türk. Bitlis). Der mit seinem Künstlernamen Hozan Cesim bekannte Musiker Cesim Başboğa tritt bei Hochzeiten und Veranstaltungen, aber auch bei Kundgebungen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) auf. Weil er Lieder auf Kurdisch singt, wurde er bereits mehrfach zur Zielscheibe von Repression. Nun wurde Başboğa auf eine Wache der Militärpolizei bestellt und dort von zwei Personen, die sich als „Mitarbeiter des Geheimdienstes“ ausgaben, bedroht. Die beiden zivil gekleideten Personen sollen ihn davor gewarnt haben, weiter politische Lieder und allgemein auf Kurdisch zu singen oder auch nur an Kundgebungen der HDP teilzunehmen.
„Sie brachten mich in einen Raum und sagten zu mir, sie seien Mitglieder des MIT. Als ich fragte: ‚Warum haben Sie mich herbestellt?‘ antworteten sie: ‚Wir hören keine guten Dinge über dich. Du nimmst an sämtlichen HDP-Veranstaltungen in Bitlis teil. Warum machst du das? Gibt es denn außer dir hier keine Künstler?‘ So fragten sie immer weiter. Dann sagte ich, ich sei HDP-Mitglied und ich könne keine englischen Lieder in Bedlîs singen. Sie warnten, ich dürfe keine Lieder auf Veranstaltungen singen, sonst werde es mir nicht gut ergehen. Sie verabschiedeten mich mit den Worten: ‚Wir hoffen, du passt jetzt auf‘“, berichtet Başboğa.
Solche Drohungen sind durchaus ernst zu nehmen, Folter und schwerste Übergriffe durch Sicherheitskräfte sind in der Türkei und Nordkurdistan nicht ungewöhnlich. Türkische Geheimdienste ließen insbesondere in den neunziger Jahren Tausende Menschen „verschwinden“ und gerade im Moment kommt es zu einer neuen Brutalisierung der Repressionspolitik.
Ich werde nicht nachgeben
Başboğa sagt, dass viele Menschen mit Gefängnis oder Tod bedroht werden: „Im Jahr 2015 bin ich als Mitglied im Vorstand der HDP in Bedlîs inhaftiert worden. Danach wurde ich zu sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Ermittlungsverfahren wegen meiner Teilnahme an der Newroz-Feiern in Têtwan (Tatvan) geht ebenfalls weiter. Trotz dieses Unrechts werde ich keinen Schritt zurück machen und meine künstlerische Arbeit fortsetzen.“