Auch in Zeiten der Covid-19-Pandemie kennt die Kurdenfeindlichkeit des türkischen Staats keine Grenzen. Während weltweit gegen das neuartige Coronavirus angekämpft wird, setzt die von Recep Tayyip Erdoğan dirigierte Türkei ihren Vernichtungsfeldzug gegen die Kurden und ihre politischen Repräsentanten fort. Nachdem am Montag bereits die Rathäuser der Städte Êlih (Batman), Farqîn (Silvan), Licê (Lice) und Erxenî (Ergani) unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt wurden, werden nun auch die Stadt Norşîn (Güroymak) in der Provinz Bedlîs (Bitlis) sowie die Gemeinde Cuwanîka (Gökçebağ) in der Provinz Sêrt (Siirt) von einem Treuhänder regiert. Das Mandat der vor einem Jahr gewählten Ko-Bürgermeister*innen Dilek Ozan und Hikmet Taşdemir (HDP) von Licê wurde bereits an den örtlichen Landrat übertragen. Der Bürgermeister von Cuwanîka Serhat Çiçek befindet sich in Polizeigewahrsam. An seiner Stelle sitzt nun ebenfalls der Landrat im Rathaus.
Putsch gegen HDP von Erdoğan angekündigt
Bereits vor den Kommunalwahlen am 31. März 2019 hatte der türkische Regimechef Erdoğan angekündigt, alle HDP-Stadtverwaltungen im Falle eines Wahlsiegs zu okkupieren. So praktiziert die türkische Regierung eine Politik, die von der kurdischen Bevölkerung treffend als „Putsch“ bezeichnet wird. Seit dem 19. August 2019 wurden 40 ehemals HDP-geführte Rathäuser durch das AKP-Regime unter Zwangsverwaltung gestellt. Gegen Dutzende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erging Haftbefehl, 25 Bürgermeister*innen sitzen im Gefängnis. Sechs gewählte Bürgermeister*innen konnten nach den Wahlen ihr Amt gar nicht erst antreten, weil der Wahlausschuss ihnen die Anerkennung verweigerte. An ihrer Stelle waren trotz Wahlniederlage die AKP-Kandidaten zu Bürgermeistern ernannt worden.