Hunderte Festnahmen, Verletzte und Inhaftierungen in Wan

Mehr als 400 Verletzte, rund 350 Festnahmen und bislang über zwei Dutzend Inhaftierungen – das ist die Bilanz der Proteste gegen den Mandatsraub in Wan. Jurist:innen sprechen von zahlreichen Folterfällen und kündigen Strafanzeigen gegen die Polizei an.

Widerstand gegen Mandatsraub

Mehr als 400 Verletzte, rund 350 Festnahmen und bislang über zwei Dutzend Inhaftierungen – das ist die Bilanz der Proteste in den vergangenen beiden Tagen in Wan (tr. Van). Die Juristenvereinigung ÖHD und die Anwaltskammer in Wan werfen der Polizei Folter vor. Viele Menschen seien Ziel von exzessiver Gewalt geworden und misshandelt worden, „was in unzähligen Fällen Folter gleichgekommen ist", so die Organisationen.

Am Dienstag und Mittwoch war es in Wan zu heftigen Protesten und Straßenschlachten gekommen, nachdem der Sieg des neugewählten Oberbürgermeisters Abdullah Zeydan (DEM) annulliert und der zweitplatzierte AKP-Kandidat ins Amt gehievt worden war. Ein Gericht hatte Zeydan, der bei der Kommunalwahl am Sonntag 55,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, die Wählbarkeit aberkannt. Begründet wurde dies mit einem Einspruch des Justizministeriums gegen ein früheres Urteil, das die Bürgerrechte des fünf Jahre lang unter Terrorvorwürfen inhaftierten Politikers wiederhergestellt hatte. Mittlerweile ruderte Ankara zurück, Zeydan erhielt seine Ernennungsurkunde.

Die Polizei ging mit massiver Gewalt gegen die Demonstrationen gegen den Mandatsraub vor, setzte neben Wasserwerfern und Tränengas auch Gummigeschosse ein. Vor allem junge Leute verletzten sich dabei, aber auch Ältere. Nach ÖHD-Angaben wiesen nahezu alle festgenommenen Personen verschiedene Verletzungen auf. Allein die Zahl der Knochenbrüche, Schädelfrakturen und Verletzungen an Kiefer und Zähnen liege im unteren dreistelligen Bereich. Der große Teil der Festgenommenen befinde sich nach wie vor in Gewahrsam der Polizei, nur rund 60 von ihnen seien bislang von einem Richter vernommen worden. In 26 Fällen ergingen Haftbefehle wegen des vermeintlichen Verdachts der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“.

Auch unter den Inhaftierten: Der 18-jährige Muhammed Orhan, der als Symbol des Widerstands in Wan gilt (c) MA

Ein weiterer Vorwurf, der gegen die Festgenommenen im Raum stünde, laute auf Widerstand gegen die Staatsgewalt. „Bei den zuständigen Behörden werden in den nächsten Tagen hunderte Strafanzeigen gegen Polizeibeamte wegen Misshandlung und Folter eingehen“, so die Anwaltskammer und ÖHD. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass Recht und Gesetz konsequent durchgesetzt wird und alle an den Gewaltexzessen beteiligten Beamten zur Rechenschaft gezogen werden.“