HPG geben Namen von zwei Gefallenen bekannt

Die Guerillakämpfer:innen Rûken Zîlan und Hüseyin Pîran sind bei einem türkischen Angriff in Metîna ums Leben gekommen. Die HPG haben ihre Identitätsangaben veröffentlicht und würdigen ihren Widerstand.

Wie das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) mitteilt, sind der HPG-Kämpfer Hüseyin Pîran und die Kämpferin der Verbände freier Frauen (YJA Star), Rûken Zîlan, am 14. Oktober 2023 bei einem Angriff der türkischen Armee in der südkurdischen Region Metîna ums Leben gekommen. Die HPG sprechen ihren Angehörigen und dem kurdischen Volk ihr Beileid aus. Zur Biografie der Gefallenen heißt es:

Codename: Hüseyin Pîran
Vor- und Nachname: Cahit Aktay
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Saliha – Mehmet
Todestag und -ort: 14. Oktober 2023 / Metîna
Codename: Rûken Zîlan
Vor- und Nachname: Zeynep Sevim
Geburtsort: Sêrt
Namen von Mutter und Vater: Xatûn – Hacı
Todestag und -ort: 14. Oktober 2023 / Metîna


Hüseyin Pîran


Hüseyin Pîran stammte aus Pîran (tr. Dicle) bei Amed (Diyarbakır). Seine Familie hatte eine tiefgreifende patriotische Haltung und entsprechend wuchs Pîran in kurdischer Tradition und den ethischen Werten der Gesellschaft auf. Das Bewusstsein seines Umfelds prägte ihn und er entwickelte eine starke Verbundenheit mit Kurdistan und der kurdischen Sprache. Daran hielt er allen Repressalien und Assimilationsversuchen des türkischen Staates zum Trotz fest. Der Freiheitskampf, der in den 1990er Jahren immer stärker wurde, beeindruckte ihn zutiefst. Insbesondere der Kampf der Guerilla weckte seine Sehnsucht und so versuchte er bereits als Jugendlicher, der Guerilla beizutreten, was ihm zunächst jedoch aufgrund verschiedener Probleme nicht gelang. Als ein Jugendfreund, mit dem er eigentlich hatte gemeinsam in die Berge gehen wollen, in Botan in einem Hinterhalt fiel, entschloss sich Pîran alles daran zu setzen, entgegen aller Widrigkeiten Guerillakämpfer zu werden. So gelang es ihm 2008, der Guerilla beizutreten. Er machte seine Grundausbildung in Qendîl und war dort drei Jahre in den praktischen Arbeiten aktiv. Dort lernte er das Leben in der Guerilla und in den Bergen kennen. Gleichzeitig bildete er sich intensiv ideologisch und militärisch weiter.


Hüseyin Pîran war entschlossen, mehr Verantwortung zu übernehmen, und schlug sich für einen Einsatz in den heißen Kriegsgebieten vor. Nach einer Ausbildung in der Benutzung von mittleren automatischen Waffen wechselte er in die Region Zap. Dort spielte er in den Kämpfen gegen die türkische Armee in den folgenden drei Jahren eine wichtige Rolle, so zum Beispiel bei Aktionen der Guerilla im Ertûş-Gebiet. In Erinnerung an seinen gefallenen Jugendfreund war er mit wachsender Erfahrung jedoch entschlossen, eines Tages auch ins nordkurdische Botan zu gehen. Dies konnte er nach weiteren Ausbildungsschritten im Jahr 2014 umsetzen. Er kämpfte nach der Beendigung des Waffenstillstands durch den türkischen Staat ab 2015 in der Region Kato Jirka und nahm an vielen Aktionen gegen die türkische Armee teil. Aufgrund seiner Kampferfahrung übernahm er immer wieder Führungsrollen.

2017 ging er zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete, um sich an der Mazlum-Doğan-Parteischule weiterzubilden. Er beschäftigte sich intensiv mit der apoistischen Ideologie und der Frage, was diese für das Leben und den Kampf bedeutet. Mit dieser ideologischen Ausbildung wuchs auch seine Verantwortung. Nach der Bildung wechselte er erneut in die militärische Arbeit. In seiner Biografie heißt es: „Unser Genosse, der durch kontinuierliche Weiterbildung ideologische Tiefe, Willen und Kampfgeist erlangte, war bei seinen Arbeiten in diesem Bereich erfolgreich. Er verbrachte jeden Augenblick im Kampf. Aus diesem Grund gelang es unserem Genossen Hüseyin, das Vertrauen seiner Genoss:innen zu gewinnen und mit seiner Bescheidenheit, seiner engagierten Persönlichkeit und seiner ehrlichen Genossenschaftlichkeit ein beispielhafter apoistischer Kämpfer zu werden.“


Als die türkische Armee mit ihren Angriffen auf Metîna, Zap und Avaşîn begann und Mitkämpfer:innen dabei ums Leben kamen, bewegte ihn das zutiefst. Hüseyin Pîran ging nach Metîna, um Vergeltung für die Gefallenen zu üben. Er beteiligte sich bis zuletzt intensiv an den Arbeiten und Kämpfen in der Region. 

Rûken Zîlan


Rûken Zîlan stammte aus Sêrt (Siirt) und gehörte dem patriotischen Nomadenstamm der Didêrî an. Sie wuchs mit der Kultur der kurdischen Nomaden und damit weit entfernt von den Einflüssen der kapitalistischen Moderne auf. Das Leben ihrer Familie war schwer, so lernte sie früh die Bedeutung erarbeiteter Werte kennen. In dieser Lebensweise stand die Frau im Mittelpunkt und Rûken Zîlan erlangte dadurch ein besonderes Selbstvertrauen. Sie besuchte keine türkische Staatsschule, ließ sich in kein Schema pressen und wurde als freigeistige Frau bekannt.


Der Lebensraum der Nomad:innen überschneidet sich eng mit den Wegen der Guerilla, so hatte Zîlan immer wieder die Gelegenheit, Guerillakämpfer:innen kennenzulernen. Die genossenschaftlichen Beziehungen in der Guerilla beeindruckten sie. Ab den 1990er Jahren traten immer mehr Menschen aus ihrem Umfeld der Guerilla bei und Rûken Zîlan begann sich selbst und ihr Leben zu hinterfragen. Als schließlich ihre Schwester Mercan Sevim – Codename Zîlan – fiel, begann sie selbst nach Wegen in den Kampf zu suchen. Angesichts der wachsenden Repression und Verfolgung der kurdischen Bevölkerung schloss sich Rûken Zîlan schließlich am 15. August 2014 im Gebiet Garzan der Guerilla an.


Sie blieb nur kurz in der Region Garzan und wechselte dann in die Medya-Verteidigungsgebiete. Ihre Grundausbildung erhielt sie in der Region Gare. Dort beschäftigte sie sich neben der militärischen Ausbildung mit Frauengeschichte, der Geschichte Kurdistans und machte sich das Gelernte zur Lebensgrundlage. Sie begann damit, die Unzulänglichkeiten in ihrer Persönlichkeit zu bekämpfen. Es ging ihr darum, eine freie Frauenpersönlichkeit zu entwickeln. Sie lernte gleichzeitig schnell Lesen und Schreiben und begann bald ihre eigenen Analysen zu verfassen. Gleichzeitig entwickelte sie sich durch Diskussionen, aber vor allem auch durch die Lektüre der Analysen und Bücher von Abdullah Öcalan weiter. Sie blieb lange in Gare und nahm dort an verschiedenen Arbeiten teil. Gleichzeitig bildete sie sich ideologisch und militärisch mit großer Entschlossenheit weiter.


In ihrer Überzeugung, dass der Weg zur freien Frau nicht nur über ideologische Akkumulation, sondern vor allem auch durch den Kampf zu erreichen sei, entschloss sie sich, sich stärker als Militante am Kampf zu beteiligen. Sie wurde dafür an der freien Frauenakademie Şehîd Bêrîtan ausgebildet und wandte sich dann den heißen Kriegsgebieten zu. Sie kämpfte in vielen Gebieten in der Region Metîna an vorderster Front und arbeitete im Ausbau der Verteidigungsinfrastruktur. In ihrer Biografie heißt es: „Unsere Freundin Rûken verstand es, überall dort zu sein, wo man sie brauchte. Sie machte keinen Unterschied zwischen kleinen und großen Aufgaben und wurde dank ihrer persönlichen Einstellung, immer zu allem bereit zu sein, zu einer beispielhaften Kämpferin des YJA Star.“