Politische Gefangene in der Türkei
Mehmet Durak Karak ist seit 29 Jahren in der Türkei im Gefängnis. Das erste Mal wurde er nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 zusammen mit sechs Geschwistern und seinem Vater bei einer Razzia in seinem Dorf Qûbika Çareba im Landkreis Pirsûs (tr. Suruç) festgenommen und für knapp vier Jahre inhaftiert. Nach seiner Freilassung wurde er zum Militärdienst gezwungen. Danach wurde er erneut verhaftet und war acht Monate im Gefängnis. Die nächste Verhaftung erfolgte 1989 für 18 Monate, 1992 war er drei Monate inhaftiert. Als er 1995 zum fünften Mal verhaftet wurde, war er bereits Vater von sechs Kindern und wurde vor einem Staatssicherheitsgericht wegen Separatismus zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Mehmet Durak Karak
Karaks Entlassung hätte regulär nach dreißig Jahren erfolgen können und wurde für Juni 2025 erwartet. Wie er im September erfuhr, wurde in seinem Haftstatut jedoch die Aussicht auf eine vorzeitige Freilassung auf Bewährung für die nächsten sechs Jahre gestrichen. Die nächste Überprüfung soll 2031 erfolgen, im Haftstatut wurde der Vermerk „Lebenslängliche Haftstrafe“ eingetragen. Als Begründung werden drei im Gefängnis gegen Karak verhängte Disziplinarstrafen aufgeführt. 1996 wurde er wegen eines Hungerstreiks gegen erlittene Folter mit Bunkerhaft bestraft, 2006 wegen vermeintlicher Terrorpropaganda in einem Antrag an die Staatsanwaltschaft und zuletzt 2024, weil bei seiner Verlegung nach Erzincan „verbotene Gegenstände“ entdeckt wurden, die im vorherigen Gefängnis erlaubt waren.
Vier Familienmitglieder im Gefängnis
Die Journalistin Ceylan Şahinli von der Nachrichtenagentur MA hat mit Karaks Bruder Müslüm Karak gesprochen. Müslüm Karak sagte, die Familie sei seit dem Militärputsch von 1980 Repression ausgesetzt. In Erzincan sei neben seinem Bruder auch ein Neffe inhaftiert, sein Sohn sei im Gefängnis in Ankara und sein Schwiegersohn in einer Haftanstalt in Kırşehir. „Wir haben derzeit vier Gefangene aus der Familie“, sagte Müslüm Karak. „Am Sonntag fahren wir nach Erzincan, um am Montag meinen Neffen Baran Karak und am Dienstag meinen Bruder Durak zu besuchen. Dann geht es weiter nach Ankara. Am Donnerstag besuche ich meinen Sohn Ismet im Sincan-Gefängnis und am Freitag meinen Schwiegersohn Şükrü Karak in Kırşehir. Wir sind eine solche Familie. Unser Leben spielt sich vor allem auf den Straßen zwischen den Gefängnissen ab. Es wird über Frieden gesprochen, aber wir erleben etwas anderes.“
Ergebnis der ungelösten kurdischen Frage
Was die Familie erlebe, sei das Ergebnis der ungelösten kurdischen Frage und der politischen Isolation, erklärte Müslüm Karak. Obwohl in der letzten Zeit ein möglicher Friedensprozess angedeutet werde, sei die Unterdrückung in den Gefängnissen schlimmer geworden. „Sie wollen uns leiden lassen“, sagte Karak. „Wir haben niemanden bestohlen oder unterdrückt. Wir kämpfen für unser Volk. Unser Weg ist richtig und wir werden daran festhalten. Für uns selbst fordern wir nicht. Wir wollen, dass Frieden einkehrt und dass Herr Öcalan frei ist und die kranken Gefangenen sofort freigelassen werden.“
Sein Bruder Durak habe bei seinem letzten Besuch gesagt: „Wir haben keine Angst vor Strafen. Von uns wird erwartet, dass wir uns reuig zeigen. Wenn es etwas zu bereuen gäbe, hätte ich das bereits am Tag meiner Verhaftung gesagt. Habe ich etwa all die Jahre umsonst gesessen?“
Fotos © MA