Geringe Erwartungen an Irak-Wahlen in Südkurdistan

In Südkurdistan sind die Erwartungen an die heutigen Parlamentswahlen im Irak gering.

Ich wollte wissen, was die Menschen in Südkurdistan über die heutigen irakischen Parlamentswahlen denken.

Alle Familien, an deren Türen ich geklopft habe, waren arm oder Mittelstand. In den südkurdischen Dörfern ist es auch kaum möglich, auf Familien mit einem guten Lebensstandard zu treffen. Bei den meisten reicht es kaum für den Lebensunterhalt aus. Die Regierung Südkurdistans übersieht diese Menschen, die arm sind und einen Preis für die Verteidigung ihres Landes gezahlt haben. Dazu kommen die türkischen Militäroperationen, Luft- und Bodenangriffe, Tote aus der Zivilbevölkerung.

Wie sieht die Bevölkerung die ausbleibende Reaktion der Regionalregierung auf die türkische Besatzung? Der Wahlkampf ist vorbei. Heute finden die Parlamentswahlen statt. Ich habe bei den Menschen nachgefragt: Wen werden sie wählen, was für ein Ergebnis erwarten sie und was erwarten sie von den Wahlsiegern?

Aus den Antworten wird deutlich, dass nach über einem Monat Wahlkampf keine großen Erwartungen bestehen. Den Parteien geht es nur um den eigenen Profit, heißt es. Auch bei den vorangegangenen Wahlen sind die Erwartungen nicht erfüllt worden.

Viele haben Angehörige im jahrelangen Krieg gegen Saddam verloren. Jetzt sind sie auf ein Stück Brot angewiesen. In einer Familie, die ich kennenlerne, gibt es einen Polizisten, der anonym bleiben will. Er lässt mich kein Foto machen, weil er Angst hat, seine Arbeit zu verlieren. Jahrelang habe er gekämpft, zuletzt gegen die IS-Banden, sagt er. Jetzt wartet er auf sein seit Monaten ausstehendes Gehalt. Den Parteien sei das alles egal, erklärt er.

Trotzdem gehe es ihm gut, „immerhin habe ich eine Arbeit“, sagt er und verweist auf die steigenden Arbeitslosenzahlen.

Auch die Gesundheitsversorgung in der Autonomieregion liegt brach. Trotz der vorhandenen Ölquellen herrscht Benzinmangel. Felder und Hochweiden können aufgrund der Angriffe des türkischen Militärs nicht genutzt werden. Für viele sind sie die einzige Lebensgrundlage. Die Regierung schweigt und die Bevölkerung reagiert wütend auf die Untätigkeit. Von den Wahlen erwarten die Menschen wenig. Vor allem wünschen sie sich, dass die Besatzer verschwinden.

ZEYNEP NERGİZ BOTAN / ROJNEWS