Evrim Sabri: Ein völlig neues Leben

Aus der Familie von Evrim Sabri haben sich sieben Mitglieder der PKK angeschlossen. Die Geschichte der Guerillakämpferin ist ungewöhnlich und ähnelt trotzdem den Lebensläufen vieler junger Kurdinnen.

Seit über vierzig Jahren gibt es die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Der türkische Staat kündigt seit Jahren als baldiges Ende der kurdischen Befreiungsbewegung an. Aus allen vier Teilen Kurdistans schließen sich jedoch weiter Menschen der Guerilla an.

Es sind vor allem junge Männer und Frauen, die den Weg in die Berge wählen. Alle haben eine eigene Geschichte, aber viele dieser Lebensläufe ähneln sich.

Evrim Sabri ist eine 25-jährige Kämpferin der Frauenguerilla YJA-Star. Sie hat sich 2015 der PKK angeschlossen. Sechs weitere Familienmitglieder sind beigetreten: Ihr Vater, ihre große Schwester und ihr Bruder sind im Kampf gefallen. Evrim und ihre drei jüngeren Schwestern sind weiterhin in verschiedenen Bereichen des Befreiungskampfes aktiv.

Meine Mutter ist stolz auf mich

Evrim Sabri ist ihr Kampfname. Sabri war der Name ihres Vaters. Auf diese Weise will sie ihn weiterleben lassen und seinen Kampf fortsetzen. Zu ihrer Familie erklärt die Guerillakämpferin:

„Als erster hat sich mein Bruder angeschlossen. Er ist gefallen. Daraufhin entschied sich meine große Schwester zum Beitritt. Nach ihnen begann mein Vater, für die Bewegung zu arbeiten. Und nach meinem Vater sind auch meine drei weiteren Schwestern und ich gegangen. Natürlich waren wir von den anderen beeinflusst, aber es war eine so harte Zeit, dass wir als Kurdinnen nicht länger zu dem Kolonialismus schweigen konnten. Es geht einem nahe, ob man will oder nicht. Deshalb habe ich für mich die Entscheidung getroffen.“

Als Evrim Sabri ihren Entschluss in die Tat umsetzte, wusste ihre Mutter Bescheid: „Ich habe meiner Mutter gesagt, dass ich gehen werde. Meine Mutter war stolz auf mich. Ich kann mich glücklich schätzen, eine solche Mutter zu haben. Sollte ich noch einmal auf die Welt kommen, würde ich gerne wieder ihre Tochter sein.“

Freie Frauen

Zum Krieg in Kurdistan sagt die YJA-Star-Kämpferin: „Krieg bedeutet nicht nur, dass man in den Stellungen liegt und schießt. Es war nie unser Ziel, unser Gegenüber zu töten und Massaker anzurichten. So etwas gibt es nicht in unserer Kultur. Wir wollen keinen Krieg, aber wir müssen uns verteidigen. Auch innerhalb der Gesellschaft herrscht ein Überlebenskampf. Vor allem gegen Frauen wird Krieg geführt. Frauen müssen in allen Bereichen des Lebens kämpfen. Mit unserer Einstellung und dem Kampf, den wir hier führen, wollen wir zu dem werden, was Abdullah Öcalan zu erschaffen versucht hat: Freie Frauen.“

Man muss es selbst erleben

Evrim Sabri ist in einer Einheit, die einen Gipfel in den Bergen Kurdistans verteidigt. Tag und Nacht befinden sich die Kämpferinnen in den Stellungen. Die Stimmung unter ihnen ist gut, sagt Evrim: „Eigentlich sind alle darauf konzentriert, wie sie ihre Arbeit noch besser machen können. Der Beitritt zur PKK bedeutet ein völlig neues Leben. Ich hatte keine großen Schwierigkeiten, als ich in die Berge gekommen bin, weil ich die Guerilla kannte. Erst später habe ich festgestellt, dass es etwas völlig anderes ist, die Partei von außen zu kennen und sie wirklich zu erleben. Hier lernt man sich selbst erst richtig kennen. Du lebst für ein bestimmtes Ziel. Dir wird bewusst, warum und wofür du kämpfst. Das löst ganz neue Gefühle in dir aus. Ich bin glücklich, dass ich mich zu diesem Schritt entschieden habe. Alles, was du tust, macht einen Sinn, weil du dich für etwas einsetzt. Es lässt sich jedoch mit Worten nicht vollständig beschreiben. Man muss es selbst erleben.“