Ermittlungsakte gegen Frauenaktivistinnen unter Geheimhaltung

Seit Freitag früh fegt durch Nordkurdistan auf Anordnung der Regierung eine weitere Repressionswelle. Diesmal im Visier des Regimes: die kurdische Frauenbewegung. Bisher wurden 18 Personen festgenommen, die Ermittlungsakten stehen unter Geheimhaltung.

Seit den frühen Morgenstunden fegt durch die kurdischen Provinzen Amed (türk. Diyarbakir) und Riha (Urfa) auf Anordnung der AKP-Regierung eine Repressionswelle gegen die organisierte Frauenbewegung. Gegen fünf Uhr Ortszeit stürmte die Polizei die Wohnungen von Aktivistinnen der „Bewegung freier Frauen“ (Tevgera Jinên Azad, TJA) und Mitgliedern des Frauenvereins Rosa. Bei den Durchsuchungen wurden Bücher, Zeitungen, Mobiltelefone und Datenträger beschlagnahmt. Auch in den Räumlichkeiten des Vereins Rosa in Amed wurde eine Razzia durchgeführt. Bisher sind 18 Festnahmen bekannt. Alle Betroffenen werden in der Antiterrorabteilung des Polizeipräsidiums von Diyarbakir festgehalten. Unter ihnen befinden sich auch Lokalpolitiker der HDP und DBP.

Auch im aktuellen Fall geht die türkische Polizei nach einem bestens bekannten Schema vor: Erst werden Festnahmen durchgeführt, anschließend werden Geheimhaltungsverfügungen über die Ermittlungsverfahren verhängt. Welche Vorwürfe im Raum stehen, bleiben weitestgehend unklar, da sie zunächst noch konstruiert werden müssen. Daher heißt es aus Amed: „Die Anschuldigungen gegen die Festgenommenen gehen auf die Aussagen von ‚geheimen Zeugen‘ zurück“. 

Wie die in Nordkurdistan ansässige Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) in Erfahrung bringen konnte, stünden im aktuellen Fall Vorwürfe wie die Teilnahme an Presseerklärungen, Protesten gegen die Zwangsverwaltung in kurdischen Rathäusern und Hungerstreiks im Raum. Üblich für die türkischen Strafverfolgungsbehörden, die, wenn es um Kurden und politisch unliebsame Personen, grundsätzlich nach dem Prinzip copy/paste vorgehen.

Bei den Festgenommenen handelt es sich um Adalet Kaya, die Vorsitzende des Frauenvereins Rosa, die Mitbegründerinnen Ayla Akat Ata und Narin Gezgör sowie Fatma Gültekin aus dem Vereinsvorstand, die TJA-Aktivistinnen Nazile Tursun, Gülcihan Şimşek und Zelal Bilgin, der frühere Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Regionen (DBP) Mehmet Arslan, Özlem Gündüz vom zentralen Exekutivrat der HDP, die beiden Ko-Vorsitzenden des HDP-Kreisverbands in Amed-Bajarê Nû (Yenişehir) Remziye Sızıcı und Kasım Kaya, die HDP-Bezirksratsverordneten von Rezik (Bağlar) Hüseyin Harman und Gönül Aslan, Sevim Coşkun aus dem Stadtrat der Provinzhauptstadt Amed, Nevriye Çur vom Bezirksrat Bajarê Nû, der HDP-Aktivist Mehmet Ali Altınkaynak, der kurdische Politiker Celal Yoldaş und die 75 Jahre alte Friedensmutter Havva Kıran, die gleichzeitig Mitglied im Rat der Initiative sitzt.

Wann eine Überstellung an ein Gericht erfolgt, ist nicht abzusehen. Vermutlich verbleiben die Festgenommen über das Wochenende in Polizeigewahrsam und werden erst am Montag einem Haftrichter vorgeführt.