Dersim: Angehörige von vermisster Studentin festgenommen

Die Mutter der seit Januar in Dersim vermissten kurdischen Studentin Gülistan Doku ist bei einem Sitzstreik für die Wiederaufnahme der Suche nach ihrer Tochter vorübergehend festgenommen worden. Auch Dokus Schwester wurde in Gewahrsam genommen.

Ein am Montag im Zentrum der nordkurdischen Stadt Dersim von Angehörigen der seit Januar vermissten Studentin Gülistan Doku initiierter Sitzstreik ist gewaltsam von der Polizei aufgelöst worden. Dokus Mutter Bedriye und ihre Schwester Aygül wurden gewaltsam vom Platz gezerrt und vorübergehend in Gewahrsam genommen. Die Behörde begründete die Festnahmen mit einem vom Gouverneursamt über die gesamte Provinz erteilten Aktivitätsverbot. Ali Çimen, der Anwalt der Familie Doku, spricht von Willkürjustiz.

Mit dem Sit-in vor dem Seyit-Riza-Denkmal wollten Bedriye und Aygül Doku die Wiederaufnahme der Suche nach der 21-jährigen Studentin erwirken. Gülistan Doku wird seit dem 5. Januar vermisst, Frauenorganisationen befürchten ein Gewaltverbrechen, das vom Sicherheitsapparat vertuscht wird. Als möglicher Täter käme Zainal A., der Ex-Freund der Kindheitspädagogik-Studentin, in Frage. Dieser ist inzwischen untergetaucht und wird allem Anschein nach vor Strafverfolgung geschützt. Der russlandstämmige Mann hatte nur einen Tag vor Dokus Verschwinden mit Gewalt versucht, die junge Frau in sein Auto zu zerren. Doku wehrte sich und Passant*innen, die das Geschehen beobachtet hatten, verständigten die Polizei.

Die Behörde schloss Zainal A., dessen Stiefvater mittlerweile suspendierter Polizeibeamter in Dersim ist, jedoch relativ früh als Tatverdächtigen aus. Eine Spur hat die Polizei aber auch nicht, obwohl fast jede Gegend der Provinz Dersim mit Überwachungskameras und Richtmikrofonen 24 Stunden am Tag observiert wird. Stattdessen wird gemutmaßt, die Studentin habe Selbstmord begangen, weil Doku am Tag ihres Verschwindens auf einer Stauseebrücke von einer Autokamera eingefangen wurde. Dennoch musste die Familie der jungen Frau über Monate dafür kämpfen, dass die Uzunçayır-Talsperre entleert wird. Eine unabhängige Auswertung der Videoaufnahmen des Fahrzeugs hatte aber zwischenzeitlich ergeben, dass ein möglicher Selbstmord oder Sturz in den Stausee aufgrund der Wasserbewegungen an dem Tag auszuschließen sind.

Bedriye und Aygül Doku befinden sich derweil in einem Krankenhaus. Auf Twitter schrieb die Schwester von Gülistan Doku, bei der Auflösung des Sitzstreiks mehrfach von einer Polizeibeamtin in den Rücken getreten worden zu sein. Ihre Mutter sei bei dem Übergriff in Ohnmacht gefallen. Çimen kündigte eine Anzeige gegen die Polizei an.