Deklaration der kurdischen Haltung für Efrîn

In den Niederlanden sind am Sonntag die Vertreter*innen zahlreicher Organisationen zusammengekommen, um über die einheitliche kurdische Haltung in Bezug auf Efrîn zu debattieren.

Auf Einladung des Kurdistan Nationalkongresses (KNK) und der Plattform für Efrîn kamen am Sonntag in den Niederlanden Vertreter*innen verschiedener Organisation zusammen, um unter dem Motto „Helwesta Netewî Ji Bo Berxwedana Efrînê“ über eine  einheitliche kurdische Haltung in Bezug auf Efrîn zu debattieren.

An dem Treffen nahmen neben Repräsentant*innen von 57 politischen Parteien, darunter der KCK, PDK, YNK, PYD und der Gorran-Bewegung auch Vertreter*innen von 53 zivilgesellschaftlichen Organisation, kurdischen, syrisch-aramäischen und armenischen Institutionen und Vertreter*innen linksgerichteter türkischer Parteien, arabischen Organisationen und zahlreiche bekannte Persönlichkeiten sowie Intellektuelle teil.

Efrîn ist eine Angelegenheit von ganz Kurdistan“

Die Eröffnungsrede der Debatte hielt Nilüfer Koç, Ko-Vorsitzende des KNK. Bezugnehmend auf das Ziel des Treffens sagte Koç: „Als Vertreter*innen kurdischer Institutionen möchten wir uns mit Efrîn solidarisieren und gegen das Schweigen der Vereinten Nationen, der NATO und Europa protestieren. Wir werden nicht aufhören zu protestieren, bis diese Institutionen ihre Stimmen gegen den türkischen Staat erheben. Solange Efrîn nicht zur Ruhe kommt, wird es hier auch nicht ruhig werden.“ Koç betonte, dass Efrîn nicht nur das Problem einer Region Kurdistans sei und fuhr fort: „Efrîn ist eine Angelegenheit von ganz Kurdistan. Efrîn ist auch das Problem der Armenier*innen, der Suryoye und der Turkmen*innen. Efrîns Erfolg wird der Erfolg all derer sein, die Freiheit fordern. Wir als KNK begrüßen den Widerstand von Efrîn.“

 

YPG-Kommandant: Widerstand in jeder Straße

Auf dem Treffen wurde auch eine Botschaft des YPG-Kommandanten Mahmud Berxwedan verlesen: „Seit 50 Tagen leisten wir Widerstand und versprechen unserem Volk, auch weiterhin an unserem Widerstand festzuhalten. Wir haben in der Vergangenheit gegen Kolonialismus gekämpft und werden es auch heute tun. Eins sollten der türkische Staat und Erdoğan ganz genau wissen: Sie werden verlieren. Wir haben Efrîn und dem kurdischen Volk ein Versprechen gegeben. Wir werden jeden Fußbreit Erde von Efrîn und jeden einzelnen Olivenbaum verteidigen.“

Europa muss sich solidarisieren“

Salih Muslim, Sprecher für auswärtige Angelegenheiten von TEV-DEM (Bewegung der Demokratischen Gesellschaft) und ehemaliger Ko-Vorsitzender der PYD, fordert von der europäischen Öffentlichkeit, sich für die Bevölkerung Efrîns, die der Gefahr eines Massakers durch den türkischen Staat ausgesetzt ist, einzusetzen.

 

12-Punkte-Handlungsplan für Efrîn

Die einstimmig verabschiedete Deklaration über den Handlungsplan für Efrîn, die von Zübeyir Aydar, Exekutivratsmitglied im Kurdistan Nationalkongress verlesen wurde, beinhaltet folgende Punkte:

1-Die Tatsache, dass die Kurd*innen untereinander nicht vereint sind, schwächt die Verteidigungslinie der Errungenschaften Kurdistans und öffnet die Front für feindliche Eindringlinge. Diese Situation wurde zuletzt in Kerkûk, Xaneqîn und Şengal beobachtet. Bei der Verteidigung und dem Sieg Kobanês wurde jedoch deutlich, dass eine nationale Einheit zum Bruch der feindlichen Angriffe führt, aus denen Errungenschaften resultieren. Deshalb ist die nationale Einheit von großer Bedeutung und muss in das Schicksal Efrîns einfließen. Mit diesem Ziel vor Augen hat sich die Plattform für Efrîn mit der Teilnahme anderer kurdischer Dynamiken heute erweitert. Die kurdischen Kräfte sind sich nun näher als je zuvor.

2- Für die Verteidigung von Efrîn muss auf den Straßen von Kurdistan und der Diaspora eine kraftvolle und koordinierte solidarische Haltung eingenommen werden, um mit dem Geist der Verteidigung von Kobanê die Stimme Efrîns gegenüber der türkischen Besatzung zu stärken. Aus diesem Grund sollte sowohl im In- als auch im Ausland eine Diplomatie auf national-einheitlicher Grundlage Anwendung finden.

3- Dem Ende der Angriffe des türkischen Staates auf Efrîn und der Umsetzung der Resolution des UN-Sicherheitsrates über eine Waffenruhe für Syrien muss große Aufmerksamkeit gewidmet werden.

4- Die Vereinten Nationen müssen ihre Entscheidung wahren und ernstzunehmende Schritte einleiten, um die praktische Umsetzung des Beschlusses über eine Waffenruhe in Syrien ergebnisbringend durchzusetzen.

5- Die USA, NATO, EU und die internationale Koalition zur Bekämpfung des Islamischen Staates sollten sich aktiv mit der Efrîn-Frage befassen und darauf drängen, dass der türkische Staat schnellstmöglich Efrîn verlässt.

6- Wir verurteilen die Haltung Russlands und rufen Moskau dazu auf, ihre Efrîn-Politik zum baldmöglichsten Zeitpunkt zu revidieren, den Luftraum über Efrîn für die Luftwaffe des türkischen Staates zu schließen und sich für eine Beendigung der Angriffe auf Efrîn einzusetzen.

7- Die syrische Regierung muss ihre Beunruhigung in Bezug auf die Invasion Efrîns lautstark zum Ausdruck bringen und mit dem Kanton Efrîn ein Abkommen unterzeichnen. Syrien sollte bei der Verteidigung von Efrîn an der Seite der Bevölkerung und ihren Sicherheitskräften stehen.

8- Die Arabische Liga sollte die Angriffe und Invasion des türkischen Staates gegen Efrîn und Syrien verurteilen und Maßnahmen ergreifen, um die Türkei vom syrischen Territorium zu drängen.

9- Der türkische Staat schwächt mit seiner aggressiven und kriegerischen Haltung den Kampf gegen den IS und zerschlägt die Sicherheit und Stabilität des Mittleren Osten. Die internationale Gemeinschaft sollte eine klare Position gegen die invasive Haltung der Türkei annehmen und gemeinsam diesem grausamen Staat Einhalt gebieten.

10- Die UN hat angesichts der Massaker in Cizîr und anderen Städten Nordkurdistans geschwiegen, daher greift der türkische Staat seelenruhig Efrîn an. Spezialeinheiten der türkischen Jandarma [JÖH], die bereits Cizîr dem Erdboden gleichgemacht haben, sind für den gleichen Zweck nach Efrîn entsendet worden. Deshalb müssen sich die UN aktiv mit der Efrîn-Frage befassen. Um zu verhindern, dass Efrîn zu einem neuen Cizîr wird, sind die UN verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die die invasiven Angriffe des türkischen Staates beenden.

11- Als hier versammelte Vertreter*innen kurdischer Institutionen wiederholen wir, dass für Efrîn eine nationale Einheit erforderlich ist. Unser Motto lautet ‚Efrîn ist Kurdistan und die Verteidigung Efrîns bedeutet die Verteidigung ganz Kurdistans‘. Mit all den uns zu Verfügung stehenden Möglichkeiten werden wir für den Widerstand von Efrîn einstehen und erwarten von allen kurdischen Parteien, Organisationen, Institutionen, Persönlichkeiten und der gesamten kurdischen Bevölkerung, dieselbe Haltung anzunehmen.

12- Wir appellieren an die Freund*innen des kurdischen Volkes und an alle demokratischen und gewissenhaften Menschen der Welt: Bewahrt und stärkt eure Haltung. Die Bevölkerung von Efrîn braucht eure Unterstützung.