Ömer Öcalan fordert Besuchsrecht für seinen Onkel ein

Der DEM-Abgeordnete Ömer Öcalan hat in einem Antrag an den türkischen Staatspräsidenten das Recht seines Onkels Abdullah Öcalan auf Familienbesuche geltend gemacht. Der PKK-Begründer wird rechtswidrig von der Außenwelt isoliert.

Isolation von Abdullah Öcalan

Ömer Öcalan ist Abgeordneter der DEM-Partei und Neffe des seit 25 Jahren inhaftierten PKK-Begründers Abdullah Öcalan. Um seinen Onkel auf der Gefängnisinsel Imrali besuchen zu können, hat der in der Provinz Riha (tr. Urfa) ins Parlament der Türkei gewählte Politiker in einem Antrag an Staatspräsident Erdogan auf die Rechtslage verwiesen. Abdullah Öcalan wird das Recht auf Kontakt zu seinen Anwält:innen und Angehörigen vorenthalten.

Ömer Öcalan wies in seinem Antrag darauf hin, dass eine einstweilige Verfügung des UN-Menschenrechtsausschusses zur Beendigung der rechtswidrigen Isolation von Abdullah Öcalan von der Türkei ignoriert wird und der parlamentarische Untersuchungsausschuss in Ankara die Verweigerung von Besuchen mit Sanktionierungsmaßnahmen rechtfertigt. „Mit Schreiben vom 23. Februar 2024 teilte der Ausschuss mit, dass der Kontakt der Imrali-Gefangenen zu ihren Anwälten und Angehörigen aufgrund von erlassenen Disziplinarstrafen unterbunden wird und eine schriftliche Kommunikation nicht verboten sei. Weiterhin hieß es, dass 2023 keine Disziplinarstrafe gegen Anwaltsbesuche vorgelegen hat. Warum trotzdem keine Besuche von Angehörigen und Anwälten stattfinden konnten, wird jedoch nicht erklärt“, so Ömer Öcalan.

Der DEM-Abgeordnete machte in seinem Antrag geltend, dass das Recht auf Kontakt zu Familienangehörigen in der nationalen und internationalen Gesetzgebung festgeschrieben ist, so auch in den Europäischen Menschenrechtskonventionen.

Hintergrund: Seit 2021 kein Kontakt zu Öcalan

Abdullah Öcalan ist am 15. Februar 1999 aus der griechischen Botschaft in der kenianischen Hauptstadt Nairobi entführt und völkerrechtswidrig in die Türkei verschleppt worden. Er gilt als Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung und befindet sich, seit die gegen ihn verhängte Todesstrafe im Jahr 2002 in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde, in Isolationshaft. Bereits in den 1990er Jahren rief er einseitige Waffenstillstände aus. Auch nach seiner Inhaftierung lieferte er als Verhandlungsführer der PKK konstruktive Vorschläge für eine demokratische und politische Lösung der Kurdistan-Frage bei Dialogprozessen mit dem Staat.

Während der letzten Gesprächsrunde zwischen 2013 bis 2015 ermöglichte die türkische Regierung der „Imrali-Delegation“, die sich aus Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) zusammensetzte, regelmäßige Besuche auf Imrali, um in den Verhandlungen zwischen der PKK-Leitung in den Bergen Kurdistans und der Regierung in Ankara als Vermittler zu wirken. Doch 2015 kündigte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan den Dialogprozess mit Öcalan einseitig auf und ging in einen Vernichtungskrieg gegen die kurdische Bewegung über. Seitdem eskaliert die Militärgewalt in Kurdistan immer mehr und Öcalan befindet sich in vollständiger Isolation.

Schon seit 2011 verwehrte die türkische Justiz seinem Anwaltsteam einen regelmäßigen Zugang zu Öcalan. Acht Jahre später gelang es einer von der kurdischen Politikerin Leyla Güven im Gefängnis angeführten Hungerstreikbewegung, das Kontaktverbot vorübergehend zu durchbrechen und fünf Anwaltsbesuche durchzusetzen, der letzte davon im August 2019. Der letzte Familienbesuch auf der Insel fand im März 2020 statt. Die Isolation im Imrali-Gefängnis wurde seither auf das Niveau der totalen Incommunicado-Haft getrieben. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, mehrmaligen Aufforderungen des UN-Menschenrechtsausschusses und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nicht bereit, die auf Imrali praktizierte Isolation zu beenden. Nach einem kurzen und aus unbekannten Gründen unterbrochenen Telefonat mit seinem Bruder Mehmet am 25. März 2021 hatte Abdullah Öcalan keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Auch von den drei anderen Imrali-Gefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş gibt es seit über drei Jahren kein Lebenszeichen.