Soleen Yusef: „Sieger sein“ ist meine Geschichte

Soleen Yusef ist es wichtig, dass man Kurdistan richtig erzählt. Kurdistan ist komplex und hat kein homogenes Volk, sagt die Regisseurin. Ihr Film „Sieger sein“ wurde bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises als bester Kinderfilm ausgezeichnet.

Interview

Sieger sein von Soleen Yusef wurde bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises 2024 als bester Kinderfilm ausgezeichnet. Der Film feierte im Februar bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin seine Premiere und erzählt die Geschichte der elfjährigen Kurdin Mona, die mit ihrer siebenköpfigen kurdischen Familie aus Rojava geflüchtet und in Berlin gelandet ist, genauer gesagt im Bezirk Wedding. Dort kommt sie an eine berüchtigte Grundschule mit 90 Prozent „Ausländeranteil“. Herr Che, ein engagierter Lehrer, erkennt Monas außergewöhnliches Talent und nimmt sie in die Mädchenmannschaft auf. Mona gilt schnell als Außenseiterin, und das Zusammenspiel mit den anderen Mädchen gestaltet sich schwieriger als gedacht. Jede von ihnen kämpft ihre eigenen Kämpfe, doch bald wird klar: Nur wenn sie zusammenspielen, können sie gewinnen.

Gözde Güler hat für Yeni Özgür Politika mit der in Duhok geborenen Regisseurin gesprochen. Soleen Yusef ist im Alter von zehn Jahren mit ihrer Familie aus der Kurdistan-Region im Irak nach Berlin gekommen. „Sieger sein“ ist in gewisser Hinsicht ihre eigene Geschichte.

Auf der Berlinale waren kurdische Frauen sehr präsent. Wie war es für dich? Wie war die Resonanz zu deinem Film „Sieger sein“?

Es war überwältigend. „Generation“ ist eine spezielle Sektion auf der Berlinale, die sich auf Familienfilme fokussiert, vor allem auf Kinder und Jugendliche. Deshalb hat man viele junge Leute im Publikum und auch Eltern. Das ist eine andere Form von Nähe und Direktheit. Es war überraschend zu sehen, wie authentisch und direkt zuschauende Kinder auf „Sieger sein“ reagieren. Sie brüllen, klatschen, stehen auf, als wären sie bei einem Fußball-Match. Als der Film im Kino gelaufen ist, habe ich Videos und Nachrichten von Schulklassen, Lehrkräften und Pädagoginnen bekommen. Sie haben sich für den Austausch nach dem Film bedankt. Es war auch schön, wieder auf der Berlinale zu sein. Für ,,Sieger sein´´ war es ein guter Start. Den Deutschen Filmpreis zusammen mit Mehmet Aktas und Ayse Polat als kurdische Filmemacher zu bekommen, ist für den kurdischen Film eine große Würdigung. Auch wenn die Filme in Berlin spielen, ist die DNA, also der Kern der Filme, kurdisch. Sie erzählen über den kurdischen Kampf.


Sieger Sein“ greift viele soziologische Probleme und Vorurteile in Deutschland auf. Der Film zeigt uns ein Bild darüber, wie eingewanderte Menschen hier gesehen bzw. wahrgenommen werden. In einem Interview hast du gesagt, die deutsche Willkommenskultur sei manchmal eine Lüge und in der Realität viel bitterer. Kannst du uns deine Aussage genauer erläutern?

Ich habe das schon polemisch gemeint, aufgrund der Debatte, die geführt wird, und aufgrund des nicht vorhandenen Schutzes der marginalisierten Gruppen sowie dem Rechtsruck in Deutschland. Auch wenn es politisch schwierig ist, sind Geflüchtete, Migration, Anpassung oder nicht gelungene Integration große Themen dieses Landes. Dazu muss sich aber auch dieses Land im Sinne eines „Wir sind ein Einwanderungsland bekennen“, und das nicht seit gestern, sondern seit Anfang der 1960er. Mit den Gastarbeitern der zweiten, dritten Generation, die bis heute dazu gehört. Deshalb habe ich eine harte Antwort darauf gegeben, dazu stehe ich auch. Gleichzeitig weiß ich aber, dass viele Menschen aus der Politik, aus den Kommunen, in den Schulen, in pädagogischer Arbeit und in Vereinen Gegenarbeit leisten, nur wird diese Arbeit nicht sichtbar gemacht. Solch eine Gegenarbeit gibt Hoffnung. Ich weiß zum Beispiel, wie engagiert diese Arbeit gerade im Wedding stattfindet. Bei „Sieger sein“ habe ich mit vielen Vereinen gearbeitet und war in vielen Brennpunkten Berlins unterwegs. Ich selbst bin auch in solchen Bezirken aufgewachsen. Ich war in Kreuzberg, dann in dem „anderen Charlottenburg“ und danach auch in Wedding. Ich kann viel über diese Gesellschaft sagen und deshalb ist meine Antwort auf politischer Ebene zu verstehen und nicht nur als eine polemische Antwort. In den Kommunen und in den sozialen Strukturen wird je nach Bezirk sehr viel Arbeit von vielen Menschen geleistet. Gerade in pädagogischer Hinsicht aber sie werden mit dieser harten Realität im Stich gelassen.

Warum Fußball?

Ich habe selbst Fußball gespielt, ich war Torwärterin. Mein Vater und meine Brüder sind fußballverrückt und ich kann mich mit Fußball identifizieren. Nach der Grundschule habe ich ein halbes Jahr Fußball gespielt und wollte auch weiter machen. Ich habe aber dann doch aufgehört, weil ich keine Unterstützung bekommen habe. Fußball für Mädchen war in den Neunzigern nicht üblich und wurde nicht genug gefördert. Und es ist die Geschichte meines Lehrers und mir. Es erzählt über ein Mädchen, das aus Rojava flüchtet. Ich wollte keine historische Geschichte erzählen, sondern die Gefühle von jungen Menschen von heute und hier einfangen, die in einer globalen politisch sich in Extreme entwickelnde Welt leben. Ich wollte sie universell erzählen, abseits von mir. Es sollte nicht um mich gehen, sondern um meine Geschichte als ein Beispiel für andere.

Fußball in „Sieger sein“ und die Fußball-EM 2024. Während im Film der Fußball vereint, spaltete er bei der EM mit Wolfsgrüßen. Ein großer Kontrast zu deinem Film. Die EM war mehr politisch als sportlich.

Auf der ganzen Welt ist der Rechtsruck radikaler geworden, das hat die Menschen sensibilisiert. Fußball war aber schon immer ein Schmelzpunkt von extremen Gruppen. Hooligans, die in eine faschistische und gewaltvolle Richtung gehen zum Beispiel. Es gibt aber auch eine sehr wohlwollende sportliche Gemeinschaft, die durch Regularien und politische Haltung dafür sorgen muss, dass das nicht vereinnahmt wird. Fußball ist letztendlich politisch, weil er ganz viel über Gesellschaften erzählt. Viele Menschen auf der Welt identifizieren sich mit ihrer Mannschaft, deshalb hat es auch diesen nationalistischen Charakter. Man repräsentiert dadurch ein ganzes Land. Auf der anderen Seite kann man das eigene Land oder die Liebe zu seiner Heimat auch anders repräsentieren. Indem man sagt: Wir stehen für Frieden und nicht für Rassismus. Es gibt immer wieder Entscheidungen, die man trifft. Wenn man die Türkei betrachtet, machen sie sich durch ihre Entscheidungen unbeliebt. Es hat schon damit angefangen, sich drüber stellen als Mannschaft und die anderen Hymnen auszubuhen. Das ist ein aggressives Verhalten, das auf den Straßen an den Tag gelegt wird. Also Feierlaune bringen alle mit, aber wenn ein Mensch ums Leben kommt, weil die Jugend nicht gebändigt werden kann in ihrer Aggressivität, oder zu behaupten der Wolfsgruß sei ein Teil ihrer Identität, dann ist da ziemlich viel falsch gelaufen.

Im Film sind viele Flashbacks. Warum? Sind es Erinnerungen an deine Heimat als Kind?

Definitiv! Es war mir das wichtig zu erzählen, dass diese Familie und auch Mona ein Ort hatte, den sie geliebt hat und der ihre Kindheit geprägt hat. So wie bei mir. Ich hatte das Glück, noch bis zu meinem zehnten Lebensjahr in Kurdistan aufzuwachsen. Ich habe das Leben anders kennengelernt, die Straßen, meine Wurzeln, ich kannte Dörfer, die Berge oder meine Verwandten. Das alles habe ich kennengelernt und deshalb habe ich mit meiner Heimat eine eng verbundene Identität gespeichert. Es war mir in erster Linie wichtig zu erzählen, da gab es diesen Heimatort, den Mona geliebt und nicht freiwillig verlassen hat. Denn nicht alle, die flüchten, sind Wirtschaftsflüchtlinge und wollen sich an diesem Land hier bereichern oder denken, es gibt keinen besseren Ort als Deutschland. Es gibt zig Beispiele wie schwierig das Leben in diesem Land ist. Wie viele Menschen psychologisch leiden, weil sie unglücklich sind. Zum qualitativen Leben gehört eben nicht nur eine funktionierende Marktwirtschaft. Wie werden soziale Strukturen gestützt? Keiner will mehr Eltern werden. Das Bildungssystem funktioniert nicht. Deshalb war es mir wichtig zu zeigen, da gab es einen anderen Ort, wo sie ihre Freunde hatte und aus kapitalistischer Sicht weniger, aber dafür das Richtige hatte und glücklicher war. Diese Erinnerungsfetzen im Film sind für Mona auch mental sichere Orte. Sie geht gedanklich dorthin, zu ihrer Tante, die ihr immer Kraft gegeben hat und ihre Identität gestärkt hat. Es gab auch Vorstellungen für Blindenschulen mit Audiodescription. Auf einer dieser Vorstellungen kam ein älterer Herr, der nicht sehen konnte, auf mich zu und erzählte mir, wie berührend er die Szenen in Kurdistan fand. Obwohl er nicht sehen konnte, konnte er die Atmosphäre nachempfinden durch die Musik, durch Art der Sprache in diesen Szenen. Das war sehr beeindruckend.

Wann kam der Punkt, an dem du entschieden hast, deine Geschichte zu erzählen?

Als ich meinen Lehrer, von dem ich im Film erzähle, zufällig getroffen habe. Ich hatte ihn seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen. Im Jahr 2017 gab es ein Benefizkonzert für die Frauen in Rojava. Ich bin damals mit meiner Schwester und einem Freund dorthin gegangen. Die haben damals Geld für Rojava gesammelt. Und wen sehe ich da? Meinen sozialistischen Lehrer wie damals mit seiner Lederweste und Sternen-Ohrring. Er hat sich gar nicht für mich als Filmemacherin interessiert. Wir haben uns über die politische Lage in Kurdistan unterhalten. Er kannte sich mit der kurdischen Thematik sehr gut aus. Es hat mich damals als Kind auch erstaunt, wie er mich geschützt und sich für mich eingesetzt hat, wenn ich sagte, ich bin Kurdin. Man erfährt viel kurdischen Antirassismus. Als ich dann in Kurdistan war, fing ich an zu schreiben über meine erste Begegnung mit ihm in Wedding und was für eine prägende Persönlichkeit er für mich war.

Die meisten Kinder im Film sind Amateure, was gleichzeitig ein Risiko war. Nach welchen Kriterien wurden sie gecastet? Und wie waren die Dreharbeiten?

Ich wollte unbedingt mit Kindern erzählen, die das auch betrifft. Ihnen die Möglichkeit geben, einen Fuß in die Filmwelt zutreten. Die habe alle Träume, Träume wie, ich will Schauspielerin werden, ich will singen, ich will berühmt sein. Wer hatte das nicht von uns? Deshalb wollte ich ihnen diese Möglichkeit geben. Manche waren mehr am Fußball interessiert, die haben dann für sich das Schauspielern entdeckt. Es war mir klar, die brauchen Coaching und Training. Es konnten nur zwei Fußball spielen. Es war mir bewusst, die müssen das Herz am richtigen Fleck haben und die Gefühle übermitteln und Engagement mitbringen. Sie mussten Biografien zu ihren Figuren schreiben. Wer waren sie, was für ein Typ waren sie. Diese gemeinsame Arbeit entfernte ihre eigene Persönlichkeit von der, die sie spielen sollten, und brachte die Figuren hervor. Natürlich bekamen sie auch Schauspielunterricht mit der großartigen Yvette Dankou. Sie hat mir vieles beigebracht im Umgang mit Jugendlichen und Kindern. Wie bekommt man sie zum Beispiel dazu, sich emotional zu öffnen? Es war also sehr viel pädagogische Arbeit. Der erste Entscheidungsgrund für jeden Einzelnen oder für jede Einzelne war, was will ich selbst erreichen? Bringe ich Engagement mit? Wie gehe ich mit dem Rest um? Habe ich Respekt vor der Arbeit? Will ich über mich hinauswachsen, also mutig sein? Habe ich etwas zu erzählen? Es war Vertrauensarbeit, und das Vertrauen haben sie mir entgegengebracht und ich ihnen auch. Deshalb haben sie nicht mehr ans Spielen gedacht, sondern einfach losgelegt. Im Film sind deshalb viele improvisierte Szenen.

Der Klassenkampf wird filmisch als Metapher dargestellt. Erst der Kampf innerhalb der Klasse, der sich dann zu einem Klassenkampf umwandelt. Zurück in die Welt der Erwachsenen, ist die einzige Lösung gegen die „reichen Kinder aus Charlottenburg“ die gemeinsame Solidarität?

Es bleibt ein Klassenkampf. Rassismus kommt vom Klassendenken. Viele Kinder haben nicht dieselben Chancen, nicht die gleichen Startmöglichkeiten. Das Problem ist nicht nur das Bildungssystem. Auch die persönliche Entwicklung ist wichtig. Eltern, die fünf Kinder haben und auch noch arbeiten gehen, vernachlässigen öfter ihre Kinder, was Talente, Förderung von Bildung und Sprache oder eben besondere Möglichkeiten angeht. Irgendwann fangen diese Kinder oder Jugendlichen an, sich selbst vielleicht auch darum zu kümmern. Oder sie fühlen sich sowieso verloren und rutschen ab. In diesem Klassendenken im Kapitalismus wird von oben nach unten getreten. Diejenigen, für die es gerade am schwierigsten ist, werden zu einem Problem gemacht, für etwas, was in diesem Land vermeintlich scheitert. Wirtschaftlich oder politisch ist das völlig absurd, aber daran erkennt man auch das Bildungsniveau. Das größte Problem ist sich zu solidarisieren und gemeinsam vorzugehen. In vielen Kommunen, unter Nachbarschaften, in Vereinen oder an Schulen, wird das auch tatsächlich gemacht. Dann irgendwann kommt das Gefühl von einer Gemeinschaft. Aber auf politischer Ebene, gerade die Menschen, die sich zum Beispiel dafür entscheiden, die AfD zu wählen, folgen einem Muster, welches so auch funktioniert; mir geht es schlecht und ich schaue nicht, was politisch falsch läuft in diesem Land. Daran bereichern sich die Menschen, die diese Strukturen aufrechterhalten. Auf Kosten anderer. Auch medial wird das unterstützt. Die Menschen, denen es am schlechtesten geht, die gerade in einer Gefahr als Geflüchtete um ihr Leben kämpfen oder ihr Leben irgendwo neu beginnen ohne Sprachkenntnisse, ohne Struktur, ohne soziale und wirtschaftliche Unterstützung, werden weiter nach unten getreten. Politisch und medial wird dieses Muster unterstützt.

Man muss sich wieder an einem Tisch setzen und kollektiv zusammenarbeiten. In den Kommunen, in den Bezirken und in den Schulen, was auch passiert. Solidarität ist die einzige Lösung. Von der politischen Führung wünsche ich mir, dass sie sich mit anderen Dingen auseinandersetzt. Nämlich mit dem Rechtsruck oder den gewaltvollen Einzeltaten, die auch zur Realität werden und ganz vielen Menschen Angst machen. Viele junge Leute überlegen sich: Wie sieht die Zukunft in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus, werde ich noch hierbleiben? Europaweit ist das ein Problem, aber Deutschland hat nochmal eine ganz andere Verantwortung, auch durch die eigene Geschichte. Eine Folge dieses Problems ist, dass Menschen, die verzweifelt sind, schnell auch angreifbar werden und somit in extremen Strömungen rutschen, ob das jetzt Islamismus ist oder Faschismus ist. Jegliche Form von Ismen ist fatal. Das sind die Strömungen, die ich zumindest beobachte. Junge migrantische Männer wie Frauen werden aus dem Nichts konservativ und benutzten die Religion als ein Regelwerk, nicht für ihren Glauben, den man hier frei leben darf, sondern für diese radikale Strömungen. Um das zu vermeiden, sind Aufklärung und Bildung unverzichtbar.

In einer Branche, wo der weiße reiche Mann regiert, hast du dich nicht nur als Frau bewiesen, sondern als eine kurdische Frau, die sich politisch klar positioniert. Mit welchen Schwierigkeiten hattest du zu kämpfen?

Gerade in der manchmal auch unpolitischen Filmlandschaft wird sehr gewünscht, dass man eine Haltung mitbringt. Und ich glaube auch, das führt dazu, dass die Menschen Respekt vor mir haben. Ich bin politisch aufgewachsen. Das ist mein Schicksal und das Schicksal meiner Familie. Ich habe Familienmitglieder verloren oder das Regime hat sie verschwinden lassen. Ich kann mich erinnern, dass ich mit neun Jahren schon auf irgendwelchen Demos stand mit irgendwelchen Pamphleten, die ich vorlesen musste. Alle Filme beim kurdischen Filmfestival waren für mich sehr weltbewegend. Sie zeigten eine politisch aktive Haltung und Meinung. Nur so kann ich auch arbeiten. Ich kann Filme und Serien nicht nur als Unterhaltungsmedien begreifen und verstehen. Dafür kenne ich die Auswirkung und die Reichweite solcher Bilder, die man kreiert, zu gut. Man kann mit solchen Bildern Dinge in Bewegung setzen und verändern. Das merke ich sowohl an „Haus ohne Dach“ als auch an „Sieger sein“ und an den Diskussionen, die danach stattfinden. Wie viel das verändert bei den Menschen, wie Bilder sie emotional prägen. Die Bilder Kurdistans sind medial geprägt worden und die Menschen haben ein ganz anderes Bild davon. Deshalb ist es wichtig, dass man Kurdistan richtig erzählt. Kurdistan ist komplexer und hat kein homogenes Volk. Jede Stadt ist anders.

Was bedeutet Filmemachen für Soleen?

Filmemachen ist in erster Linie ein Privileg. Sich mit schönen Gedanken, Ideen und Visionen auseinanderzusetzen. Sich von Kunstwerken anderer Menschen inspirieren zu lassen. Drehbücher zu schreiben, Figuren zu gestalten, aus dem echten Leben eine Figur zu kreieren, die andere Menschen beeindruckt, beeinflusst und inspiriert, das ist wirklich ein großartiger Prozess, der auch ganz viel mit mir macht. Das heißt, ich habe eine Schule fürs Leben. Wo ich mich entwickele. Mit jedem Film und mit jeder Geschichte. Es wird nie langweilig. Ich kann reisen durch Filme und ich kann Menschen begegnen. Filme sind ein großer Teil meines Lebens. Wie ein Familienmitglied. Gleichzeitig ist es eben auch viel politische Arbeit. Haltung und Stimme haben. Anderen Menschen eine Stimme geben. Sie sichtbar machen, gegen Unsichtbarkeit oder Ungerechtigkeiten. Auch und vor allem, weil Bilder prägen.

Möchtest du noch was hinzufügen?

Ich freue mich sehr über die neue Generation. Es gibt sehr viele junge kurdische Filmschaffende, mit denen ich in Kontakt stehe. Sie studieren in Deutschland und machen auf eigene Faust Filme, als auch Autodidakten. Das macht mich sehr stolz, weil ich das Gefühl habe, es entwickelt sich gerade eine neue Bewegung an kurdischen Filmschaffenden. Und das berührt mich sehr. Ich habe das Gefühl, es hat ein bisschen gedauert, bis sich junge Menschen in die Filmwelt getraut haben. Deswegen freue ich mich sehr darüber.

Fotos © Stephan Burchardt / DCM