Die Fotoserie „Jin Jiyan Azadî“ von Sonja Hamad ist in Hamburg-Barmbek in einem ehemaligen Kiosk, der in eine Galerie umgewandelt wurde, zu sehen.
„Wenn sich eine Frau dem Widerstand anschließt, legt sie ihren Namen ab und wählt sich in einem ersten Akt der Selbstbestimmung einen neuen aus. Vor allem aber wird sie zur ‚Heval‘ – zur Freundin der anderen. Die Frauenbewegung ist tief in der Ideologie der PKK verankert, demnach kann ein Land nicht frei sein, wenn es die Frauen nicht sind. Kurdinnen treten seit 1993 in ihrer Heimat und im Exil in allen gesellschaftlichen Bereichen für ihre politischen Ansichten eigenständig ein. Heute spricht man in der kurdischen Frauenbewegung auch von der ‚Jineologie‘ – der Wissenschaft der Frauen. Die Arbeit ‚Jin – Jiyan – Azadi‘ - Women, Life, Freedom - dokumentiert diese Entwicklung und die Perspektiven der kurdischen Frauenbewegung“, heißt es in dem Ausstellungstext.
Die großformatigen Fotos von PKK Kämpferinnen, die in Şengal für die Befreiung der Ezidinnen gekämpft haben, haben schon viele Preise gewonnen, unter anderem den International Photography Award in Braga, Portugal. Sonja Hamads Bilder sind im Zeit Magazin gedruckt worden und wurden zum Beispiel in Indien und Finnland ausgestellt.
Wer ist Sonja Hamad?
Sonja Hamad wurde 1986 als Kind syrisch-ezidischer Eltern in Damaskus geboren, kam aber schon mit drei Jahren nach Deutschland.
„Ich wusste schon mit 15 Jahren, dass ich etwas mit Fotografie machen will. Meine Eltern waren hierhergekommen, weil sie uns ein gutes Leben ermöglichen wollten, aber ich war auf der Suche nach meiner Identität. Dass wir kurdisch waren, war bei uns kein Thema. In unserem Umfeld wurde viel Arabisch gesprochen“, erzählt sie.
Zuerst hat sie in der Werbung gearbeitet, wusste aber bald, dass sie das nicht machen wollte. „Da kam wieder die Frage nach der Identität. 2009 bin ich nach Syrien, nach Damaskus gefahren und habe Fotos gemacht, auch in Kurdistan, in Hesekê. Damit habe ich mich beworben, bin angenommen worden und konnte Fotografie studieren.“
Ihre Abschlussarbeit befasste sich wieder mit der Identitätssuche: „Ich habe Protagonist*innen unter anderem aus Afghanistan fotografiert, auch Verwandte, zum Beispiel meinen Vater. Der Hintergrund der Fotos wird oft gar nicht so sehr über Gespräche deutlich. Das, was Menschen spüren, wird oft unterschätzt. Fotografieren hat viel mit Psychologie zu tun“, beschreibt die Fotografin ihre Arbeit.
„Da muss ich hin“
„Als ich in den Medien die YPJ-Frauen gesehen habe, habe ich gemerkt: Da muss ich hin. Frauen waren für mich immer ein Thema und haben ein starkes Gefühl in mir ausgelöst. Civaka Azad hat diese Reise für mich ermöglicht. Sie haben mir die Türen geöffnet. Insgesamt war ich drei Mal dort, im Nordirak und in Rojava, auch in Kobanê. Als ich so bekannt wurde, konnte ich das zunächst gar nicht annehmen, aber dann habe ich gedacht, ich kann viele unterschiedliche Menschen mit diesen Fotos erreichen. Diese wunderbaren Frauen gehören in große Museen“, sagt Sonja Hamad. „Man sieht ihnen ihren Freiheitswillen, ihre Lust zu leben an.“
Zu ihren weiteren Plänen erklärt sie: „Ich möchte gerne noch einmal nach Şengal, und wenn ich von dem Frauendorf Jinwar höre, dann sehe ich die Bilder schon vor mir.“ Zunächst plant sie jedoch mit ihrem Team eine große Ausstellung in Berlin-Mitte. Dort soll die ganze Serie über die Kämpferinnen gezeigt werden: 30-40 großformatige Bilder.
Die Fotos von Sonja Hamad sind noch bis zum 22. Juni im Elligersweg 14 a in Hamburg zu sehen.