Erdoğan in Bagdad: „Erwartungen“ beim Kampf gegen die PKK

Der türkische Regimechef Erdoğan hat bei seinem ersten Besuch in Bagdad seit 2012 den Irak aufgefordert, gegen die PKK vorzugehen. Er habe „Erwartungen“ an das Land bezüglich des Kampfes gegen den „Terror“.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat bei seinem ersten Besuch im Irak seit rund zwölf Jahren seinen Amtskollegen Abdul Latif Rashid aufgefordert, gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorzugehen. Erdoğan sagte bei dem Treffen am Montag in Bagdad, sein Land habe „Erwartungen an den Irak bezüglich des Kampfes gegen die Terrororganisation“, wie sein Büro mitteilte.

Der Irak müsse „von allen Formen des Terrorismus befreit werden“, sagte Erdoğan mit Blick auf die PKK. Der Regimechef plant eine Großinvasion entlang der türkischen Ostgrenze, seit Tagen läuft nun eine international ignorierte Luft- und Bodenoffensive gegen Metîna, das sich auf dem Territorium der Kurdistan-Region des Irak (KRI) befindet. Der KCK zufolge geht es Erdoğan in Bagdad um eine Legitimation für die 87 türkischen Militärstützpunkte auf irakischem Territorium und dauerhaft grünes Licht für weitere Besatzungsangriffe gegen Gebiete, in denen sich die kurdische Guerilla aufhält.

Verkehrs- und Handelswege auf der Agenda

Zwar hatte Iraks Verteidigungsminister Thabet al-Abbasi im März noch „gemeinsame militärische Operationen“ mit Ankara ausgeschlossen und die Einrichtung eines „Koordinierungszentrum für Geheimdienstinformationen“ in Aussicht gestellt. Im selben Schritt war die PKK allerdings von Bagdad ohne parlamentarische Zustimmung zu einer „verbotenen Organisation“ erklärt worden. Nun scheint der Weg frei zu sein, mit Erdoğan handelseinig zu werden. Der Irak hat großes Interesse an stärkeren Handelsbeziehungen zu seinem Nachbarn, deshalb standen auch bessere Verkehrs- und Handelswege auf der Agenda in Bagdad.

So geht es unter anderem darum, den Weg für eine Handelsroute zwischen dem Persischen Golf und Istanbul zu ebnen, damit irakisches Öl über Pipelines in die Türkei fließen kann und von dort weiter in die Welt. Gemeint ist das im Frühjahr 2023 verkündete „Iraq Development Road Project“ – ein Infrastrukturprojekt mit einem Umfang von 17 Milliarden Dollar, das den im Bau befindlichen Hafen der irakischen Stadt Basra am Persischen Golf über ein Netz von Straßen und Eisenbahnlinien mit der 1200 Kilometer entfernten türkischen Grenze verbinden soll.

Türkische Wasserpolitik zulasten des Irak

Außerdem will Bagdad, dass die Türkei mehr Wasser durch die beiden Ströme Euphrat und Tigris ablässt. Die Aufteilung der Wasserressourcen ist schon länger ein großer Streitpunkt zwischen beiden Ländern. Bagdad kritisiert die von der Türkei errichteten Staudämme an den beiden Flüssen Tigris und Euphrat, welche nicht nur die Wasserknappheit im Irak, sondern auch in Syrien verschärft haben. Erdoğan hat also eine ganze Palette an Möglichkeiten, die irakische Regierung gnädig zu stimmen, damit sie seinen Besatzungsplänen in der KRI zustimmt.

Barzanîs verwandeln Hewlêr in türkisches Fahnenmeer

Empfangen wurden der türkische Präsident und sein Gefolge, das aus seinen Außen- und Innenministern sowie den Ressortchefs für Verteidigung, Handel, Land- und Forstwirtschaft, Energie, Wissenschaft-Industrie-Technologie, seinem Kommunikationsdirektor und seinem Sicherheitsberater bestand, von Ministerpräsident Mohammed al-Sudani. Der Premier empfing Erdoğan am Flughafen von Bagdad mit 21 Salutschüssen, wie das irakische Staatsfernsehen zeigte. Nach den Gesprächen reiste die türkische Truppe weiter nach Hewlêr (Erbil), der Hauptstadt der autonomen KRI. Dort stehen Gespräche unter anderem mit KRI-Präsident Nêçirvan Barzanî an. Dessen Demokratische Partei Kurdistans (PDK), die offen mit dem türkischen Regime kollaboriert und sich an der Bekämpfung der PKK und anderer Widerstandsstrukturen in Südkurdistan, darunter den ezidischen Selbstverteidigungseinheiten YBŞ und YJŞ beteiligt, hatte zuvor die Straßen Hewlêrs in ein türkisches Fahnenmeer verwandelt.