Dengbêj-Kultur bei der Guerilla

Die Dengbêj-Kultur, die traditionelle Erzählkunst des kurdischen Volkes, ist auch bei der Guerilla lebendig.

Dengbêj (Barden) werden im Kurdischen die Sängerinnen und Sänger genannt, die historische Begebenheiten und Mythen in einem für die Dengbêj-Kunst spezifischen Sprechgesangsstil vortragen. Die Erzählkunst der Dengbêjs hat einen wichtigen Platz in der kurdischen Geschichte und Kultur, denn die Tradition der Barden ermöglicht die Übertragung des kurdischen Kulturerbes von Generation zu Generation. Die Gesangskunst der Dengbêjs ist immer noch so lebendig, dass auch heute persönliche und politische Ereignisse in Lieder gefasst werden.

Das aus deng (Stimme) und bêj (sagen, sprechen) zusammengesetzte Wort Dengbêj definiert eine Person die es ermöglicht, das geschriebene Wort auf eine harmonische Art und Weise auszusprechen. Gewöhnlich wandern diese kurdischen Barden durch das Land und verdienen ihren Lebensunterhalt durch das Singen von märchenhaften Erzählungen, historischen Epen, Klageliedern, Gebetshymnen oder auch Volksliedern, die bei den Dengbêjs Klam genannt werden. In gewisser Weise sind sie auch Historiker und bedeutende Vertreter der oralen Kultur, die dazu beigetragen haben, dass die mündliche Literatur der Kurden trotz Unterdrückung der kurdischen Sprache weitergegeben werden konnte.

In den Liedern der kurdischen Dengbêjs geht es neben historischen Begebenheiten und die Muttersprache meistens um Schmerz, Sehnsucht, Freude, Liebe und Krieg. Insbesondere in der nordkurdischen Serhed-Region haben Barden wie Evdalê Zeynikê, Karabêtê Xaço und Şakiro kurdisches Kulturgut mit Würde geschützt und weitergegeben. Besondern während der Zeit von Evdalê Zeynikê hat sich das Bardentum in Serhed ohne instrumentelle Begleitung charakterisiert und in ganz Mesopotamien verbreitet. Später ließen sich die Epensänger manchmal von einer Variante der Kurzoboe dûdûk oder anderen Volksmusikinstrumenten begleiten.

Wenn die Sprache verschwindet, verschwindet auch das Volk

Der Guerillakämpfer Dozger gehört auch zum Kreis der Menschen, die die Kultur der Dengbêjs weitergeben möchten. In den Bergen Kurdistans singt er mit seiner warmherzigen und freundlichen Stimme die traditionellen Epen seines Volkes. „Rassenfanatiker waren schon immer darauf aus, die kurdische Sprache auszurotten. Durch die mündliche Überlieferung ihrer Literatur in Liedern und Geschichten konnten die Kurden ihre Kultur am Leben erhalten“, sagt Dozger. In Serhed sei die kurdische Bardentradition auch heute noch lebendig. „Dass wir uns von unserer Muttersprache nicht losgelöst haben, verdanken wir den Dengbêjs. Dank der Dengbêj-Kultur hat sich die kurdische Sprache bis heute entwickelt. Im Lauf der Geschichte sind unzählige Sprachen einfach verschwunden, weil ihre Sprecher*innen unterdrückt und verfolgt wurden. Wenn die Sprache verschwindet, verschwindet auch das Volk.“