In der aktuellen Phase finden massiven Proteste im Iran statt. Die Menschen protestieren für eine Demokratisierung, gegen die ökologische und ökonomische Katastrophe, aber auch gegen die Unterdrückung verschiedener Identitäten im Iran. Immer mehr Frauen stehen gegen die sexistische und patriarchale Staatsdoktrin auf. PJAK und KODAR führen seit Jahren einen entschlossenen Kampf für die Demokratisierung des Landes und haben vor wenigen Tagen eine Roadmap für einen demokratischen Lösungsprozess im Iran vorgestellt. Wir sprechen mit Zîlan Vejîn, der Ko-Vorsitzenden der Partei für ein freies Leben Kurdistan (PJAK), über dieses Lösungsprojekt.
Projekt zur Lösung der Probleme im Iran vorgelegt
Vejîn beschreibt die Roadmap als wesentlich umfassender als die Vorschläge, die zuvor dem iranischen Staat gemacht worden sind: „In der aktuellen Phase erlebt der iranische Staat schwere innere und äußere Probleme. Unser Projekt stellt eine Gelegenheit zur Lösung dieser Probleme dar. Wie unsere bisherigen Projekte auch, handelt es sich um einen Lösungsvorschlag, der alle Völker des Irans einbezieht. Wir haben die inneren und äußeren Probleme des Irans klar dargestellt und ihre Lösung Schritt für Schritt dargelegt.“
„Eine Intervention von außen bringt keine Lösung für die Völker des Iran“
Vejîn sagt, die aktuelle Situation im Mittleren Osten zwinge auch das iranische Regime dazu, Änderungen vorzunehmen: „Dieser Wandel muss, ohne dass ausländischer Intervention Raum gegeben wird, auf der Grundlage der eigenen inneren Dynamiken des Landes stattfinden. Keine Intervention von außen wird eine Lösung im Iran erbringen, im Gegenteil, die existierenden Probleme werden so weiter vertieft. Unser Projekt bietet keinen Raum für eine Intervention von außen und nimmt die Lösung der Probleme der Völker des Irans durch ihre eigenen inneren Dynamiken zur Grundlage.“
Frauen führen die Aufstände an
Die Frauenfrage stellt laut Vejîn die wichtigste und dringlichste Frage im Iran dar: „Wenn wir uns die Kampfbereiche ansehen, werden die Aufstände, die seit etwa einem Jahr andauern, von Frauen angeführt. Trotz aller Folter und Repression führen die Frauen auch die Kämpfe in den Kerkern des Iran an. Im aktuellen System sind die Frauen diejenigen, die am meisten unterdrückt und missachtet werden. Es handelt sich dabei um kein Minderheitenproblem, sondern sowohl um ein nationales als auch um eines, das alle Völker des Iran betrifft.“
Die Frauen im Iran müssen zusammen kämpfen
Vejîn fuhr fort: „Das Ziel der Frauen sollte es sein, den iranischen Staat aus der Krise, dem Chaos zu holen und eine mögliche Intervention von außen zu verhindern. Die Frauen können die Avantgarde in der Demokratisierung des Iran darstellen, denn diese Mission ist untrennbar mit ihnen verbunden.“
Vejîn stellte klar, dass die eigentlichen Ansprechpartner des Lösungsprojekts die Völker des Iran seien. Der iranische Staat und die Regierung stellten lediglich einen weiteren Gesprächspartner dar.
Schluss mit dem monistischen Selbstverständnis
Die Ursachen der Probleme im Iran liegen nach Vejîn in der falschen Politik der Regierung. Demnach müsse die Regierung eine demokratische Lösung schaffen: „Wenn sie das tut, dann muss sie die verschiedenen Farben der Identitäten und ihre Stimmen zur Grundlage nehmen. Das bestehende monistische Selbstverständnis des Staates muss transformiert und dafür auch die Verfassung geändert werden.“
Sie schloss mit den Worten: „Die Verfassung erkennt weder die Freiheiten und Rechte von Frauen noch der anderer Identitäten an. Für eine Lösung muss sofort eine demokratische Verfassung geschaffen werden, die alle Identitäten, die Frauen und die Jugend miteinbezieht. Ein weiterer Ansprechpartner sind die Oppositionellen im Iran, die Demokraten, Sozialisten und all diejenigen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen. Zur Lösung der kurdischen Frage fällt insbesondere den demokratischen, patriotischen und sozialistischen kurdischen Kräften eine noch größere Bedeutung zu. Zur Lösung der kurdischen Frage müssen sie gemeinsam eine geschlossene Haltung zeigen. So, wie die Kurden in Syrien und im Mittleren Osten eine Führungsrolle bei der Lösung der Probleme einnehmen, müssen sie auch eine Führungsrolle in der Demokratisierung des Iran übernehmen.“