Der QSD-Kommandant Mazlum Abdi hat sich in einer Sondersendung bei Ronahî TV zu den aktuellen politischen Entwicklungen geäußert. Der türkische Staat wolle auf keinen Fall, dass es zu politischen Lösung kommt, sagte Abdi im TV-Interview: „Der türkische Staat verfolgt in Libyen und in Nordostsyrien dasselbe Ziel. Die aktuellen politischen Bedingungen sind jedoch schwieriger als früher. Der türkische Staat hat nicht wie im vergangenen Jahr die Möglichkeit, nach Belieben anzugreifen. Er kann seine Pläne nicht umsetzen. Das lassen die regionalen und globalen Voraussetzungen nicht zu.“
Weiter erklärte Abdi: „Der syrische Staat will auf gleiche Weise die Herrschaft erlangen. Auch für ihn ist die Lage sehr schwierig. Die internationalen Balancen lassen es nicht zu und seine eigenen Kräfte reichen nicht aus. Daher müssen die Probleme in Syrien über einen Dialog gelöst werden. Meiner Meinung nach werden 2021 Bedingungen für eine politische Lösung teilweise entstehen. Die Gefahr hält jedoch an. Vor allem die türkischen Angriffe dauern an. Wir sind darauf vorbereitet, auch die Bevölkerung muss vorbereitet sein.“
Die Gefahr des IS
Die Gefahr des IS ist laut Mazlum Abdi noch längst nicht gebannt. „Wir warnen auch die internationale Koalition ständig, dass bei diesem Thema kein Fehler gemacht werden darf. Wenn der Kampf gegen den IS nachlässt, wird er für die ganze Welt wieder zu einer großen Gefahr werden“, so der QSD-Kommandant.
Innerkurdische Gespräche in Rojava
Zu den Gesprächen in Rojava über eine kurdische Einheit sagte Abdi: „Der Dialog ist noch nicht beendet, aber seit einer Weile pausieren die Gespräche und dafür gibt es Gründe.“ Er selbst erwarte jedoch, dass die Verhandlungen weitergehen, wenn alle Seiten bereit dazu sind:
„Meiner Meinung nach hat zu bestimmten Punkten eine gute Arbeit stattgefunden. In Rojava gab es zur Frage einer innerkurdischen Einheit einige Probleme, die teilweise gelöst werden konnten. Bei den Gesprächen hat sich herausgestellt, dass die kurdischen Seiten ihre Probleme untereinander lösen und eine Einheit herstellen können, wenn sie es nur wollen. Es gab bestimmte Probleme und Widersprüche zu einigen politischen Punkten, die überwunden werden konnten. Hinsichtlich des Umgangs mit dem syrischen Regime sowie mit einigen ausländischen und regionalen Kräften konnte eine Einigung erzielt werden. Das ist auch öffentlich gemacht worden.
Auch zu der Frage, wie Rojava regiert und verwaltet werden soll, hat es eine Einigung gegeben. Das gilt auch für die Beteiligung an der Selbstverwaltung. Zwar ist es noch nicht in die Praxis umgesetzt, aber der ENKS soll an der Leitung beteiligt werden. Meiner Meinung nach sind die restlichen Probleme nicht wesentlich. Es gibt zwar weiterhin Widersprüche, aber das lässt sich alles über einen Dialog lösen. Wenn beide Seiten bereit dazu sind, werden die Gespräche an dem Punkt weitergehen, an dem sie aufgehört haben.
In Rojava muss eine Einigung erzielt werden. Es ist das erste Mal, dass unter den Kurden in Rojava ein solcher Dialog stattfindet. Meiner Ansicht nach müssen alle noch mehr daran arbeiten, dass dieser Prozess erfolgreich verläuft.“
Angespannte Situation in Südkurdistan
Mazlum Abdi äußerte sich in dem TV-Interview auch zu der Anspannung in Südkurdistan, die durch die Stationierung von bewaffneten Einheiten der PDK im Guerillagebiet ausgelöst wurde, und die Bemühungen, diesen Konflikt zu lösen. Ein innerkurdischer Krieg werde von niemandem unterstützt, sagte der QSD-Kommandant, der selbst an der Online-Sitzung des Kurdistan Nationalkongress (KNK) mit dem Parlamentarierbund Kurdistans teilgenommen hat:
„In dieser relativ kurzen Zeit der Anspannungen hat sich keine Kraft für eine bewaffnete Auseinandersetzung unter den Kurden ausgesprochen. Im Gegenteil, alle haben sich dagegen ausgesprochen, sowohl Parteien als auch andere Kräfte. Sogar unsere internationalen und regionalen Freunde einschließlich des Irak haben ihr Unbehagen und ihre Besorgnis darüber zur Sprache gebracht. Niemand kann so etwas unterstützen.
Ein solcher Krieg schadet ausschließlich den kurdischen Interessen. Welche Kraft auch immer sich auf einen solchen Krieg einlässt, das Volk wird ihr nicht verzeihen. Auch wir kämpfen dafür, dass es nicht dazu kommt. Das ist unsere Haltung als Kräfte aus Rojava. Wir rufen zu einer Lösung der Probleme über einen Dialog auf. Letztendlich sind die Probleme zwischen PKK und PDK in den letzten zwanzig Jahren immer über einen Dialog gelöst worden, das muss auch weiterhin so sein. Daran hat sich nichts geändert. Wenn jedoch eine Seite angreift, werden wir uns als Kräfte aus Rojava dagegen stellen. Unsere Haltung dazu ist vollkommen eindeutig. Wir lehnen es ab, dass eine Seite einen solchen De-Facto-Zustand herstellt. Es würde auch der Revolution von Rojava immens schaden und sich negativ auf die Errungenschaften auswirken, die seit zehn Jahren mit dem Blut der Gefallenen erkämpft worden sind. Auch die innerkurdischen Gespräche würden darunter leiden. Wenn Krieg herrscht, kann der Dialog nicht fortgesetzt werden, denn beide Seite führen Beziehungen, das würde sich auswirken. Beispielsweise gibt es junge Menschen aus Rojava in der PKK, auch sie wären davon betroffen. Wer sich selbst als nationale Kraft begreift, muss diesen Krieg verhindern und sich eindeutig gegen diejenigen positionieren, die einen solchen Krieg erzwingen wollen.“
Şengal-Abkommen
Zu dem zwischen Hewlêr und Bagdad getroffenen Abkommen zu Şengal erklärte der QSD-Kommandant Mazlum Abdi, dass der Willen der Bevölkerung der ausschlaggebende Faktor ist: „Wir sind immer auf der Seite der Bevölkerung von Şengal und werden auch weiterhin auf Seiten der YBŞ und der anderen Verteidigungskräfte stehen. Das machen wir auch in den Gesprächen mit unseren Freunden deutlich.“