„Wir sind ein Teil dieser Berge!“

Mit der Ankunft des Frühlings umarmen Frauen in Şemzinan (Şemdinli) die Natur und führen ihre Tiere zu den grün werdenden Hochebenen. Doch jetzt wird ihr Lebensunterhalt durch Verbote zerstört, weil sie die Hochebenen nicht mehr betreten dürfen.

Die Bergplateaus in der Umgebung des Dorfes Sirinus (Öveç) im Kreis Şemzinan in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) schmücken mit dem Ende des Winters Tausende Grüntöne. Die Frauen, die sich im Frühling auf die Hochebenen begeben, erkennen die Verbote unter den Namen „Sondersicherheitszone“ nicht an, schließlich stellen Herdentiere ihren Hauptlebensunterhalt dar. Die Frauen lassen die Tiere auf den Plateaus weiden und sammeln Heilkräuter, die sie miteinander teilen „Wir sind ein Teil dieser Berge und der Hochebenen. Diejenige, die Militärposten auf unseren Almen gebaut haben, sollen ihre Verbote und ihre Wachposten mitnehmen und uns in Ruhe lassen“, sagt Esma Töre, die seit 30 Jahren als Hirtin arbeitet und ihre Schafe nun nicht mehr auf die Bergweiden bringen kann.

„Gehen wir ein bisschen weiter, werden wir getötet“

Die Dorfbewohnerinnen erzählen, dass wegen des Zugangsverbots der Hochebenen in den letzten zwei Jahren ihr Lebensunterhalt gefährdet ist. Esma berichtet, dass mehrere Dorfbewohner ihre Häuser verlassen und auswandern mussten. Die Verbote, so betont sie, spielten hierbei eine große Rolle. „Es macht uns sehr traurig, dass unsere Hochebenen uns verboten werden. Ich versuche, meine Schafe auf den nächstgelegenen Hochebenen weiden zu lassen. Doch gerade gibt es mehrere Militärwachen an verschiedenen Punkten unseres Dorfes. Falls wir uns ein wenig entfernen sollten, werden wir getötet. Ich muss aber meine Schafe zu den besten Almen bringen, damit sie bessere Milch geben.“

„Die Lebensweise im Dorf soll zerstört werden“

Esma erzählt weiter, dass im Dorf nur noch wenige Menschen leben, sie jedoch trotzdem ein kollektives Leben führen: „Der Staat hat uns die Hochebenen verboten, um diese Lebensweise zu beenden. Es gibt so vieles zu erzählen von dem Leben hier… Wir arbeiten alle kollektiv. Ich kümmere mich heute um eine Arbeit und gleichzeitig kümmert sich mein Lebenspartner um eine andere Arbeit. Und nicht nur in meinem Haus ist das Leben kollektiv, überall im Dorf leben die Menschen so. Aber seit zwei Jahren wird uns der Zugang zu unseren Hochweiden verboten. Gleichzeitig werden unsere Berge und Wälder zerstört. Doch denjenigen zum Trotz, die uns vom Dorfleben mit Gewalt losreißen wollen, wird unsere Bindung noch stärker“.

„Sie sollen ihre Hände von unseren Hochebenen lassen“

Zeynep Töre, die angesichts dieser staatlichen Angriffe auf ihren Lebensunterhalt und die dörfliche Lebensweise ebenfalls erzürnt ist, fügt hinzu, dass die Natur sich mit Beginn des Frühlings erneuert. Sie denkt, dass die Verbote das Ende der Viehzucht herbeiführen werden und betont: „Wir sind Teil dieser Berge. Die Berge können nicht ohne uns und wir können nicht ohne die Berge. Der Staat soll seine Militärposten mitnehmen und seine Verbote aufheben und uns und unsere Hochebenen in Ruhe lassen!“

Dilan Babat, JinNews