Vom IS versklavte Frauen führen heute die Gesellschaft an

Frauen in Raqqa, die unter der IS-Herrschaft entrechtet und versklavt wurden, führen heute die Gesellschaft an. „Sie sind kämpferisch und revolutionär. Alle Frauen sollten sich ihrer eigenen Kraft bewusst sein“, sagt Hibe Mihemed vom Frauenrat Syriens.

8. März in Raqqa

Hibe Mihemed ist Mitglied des Frauenrats Syriens und lebt in Raqqa, der ehemaligen „Hauptstadt“ des IS-Kalifats. Die Stadt war von 2013 bis 2017 von Islamisten besetzt und wurde von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) befreit. Eine führende Rolle bei der Befreiungsoffensive spielten die Frauenverteidigungseinheiten YPJ. Hibe Mihemed sagt, dass der Weltfrauentag am 8. März auch unter dem Baath-Regime nicht gefeiert wurde. Erst mit der Revolution von Rojava vor zwölf Jahren habe sie von der Bedeutung dieses Tages erfahren.


Zum 8. März und der heutigen Situation sagt Hibe Mihemed: „Wenn Frauen ihre Rechte und ihres Lebens beraubt werden, reicht ein einziger Kampftag nicht aus. Auch heute noch sind Frauen Gewalt und einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt. Das ist nicht nur bei uns so, sondern auf der ganzen Welt. Wir hoffen, dass alle Frauen die Ketten der Versklavung zerschlagen werden. Vor der Revolution hat der Staat uns verboten, den 8. März zu feiern. Es war nur heimlich möglich. Heute begehen wir diesen Tag zusammen mit allen Frauen in Nord- und Ostsyrien, als arabische, kurdische, assyrische und tscherkessische Frauen. Es ist ein wichtiger Tag für uns und wir bereiten uns lange darauf vor. Auch in diesem Jahr haben wir Seminare organisiert und Broschüren an alle Einrichtungen verteilt.

Wir alle wissen, was Frauen unter der Regierung in Damaskus und danach während der IS-Herrschaft erlebt haben. Die Frauen, die damals gefoltert und versklavt wurden, führen heute die Gesellschaft an. Sie sind kämpferisch und revolutionär. Alle Frauen sollten sich ihrer eigenen Kraft und Fähigkeiten bewusst sein. Wenn eine Frau selbstbewusst ist und an sich selbst glaubt, kann sie bei allem Erfolg haben. Sie kann aus der ihr auferlegten reaktionären Rolle ausbrechen.

Heute sind wir vor allem den Angriffen des türkischen Staates ausgesetzt. Wir leisten Widerstand und verteidigen unsere revolutionären Errungenschaften. Die Angriffe machen unsere Lebensräume enger und das Leben schwerer, aber sie können uns nicht zum Aufgeben zwingen. Unsere Entschlossenheit zum Kampf wird dadurch noch größer. Der türkische Staat greift gezielt führende Frauen an. Auch im Iran und in Rojhilat [Ostkurdistan] werden kämpfende Frauen angegriffen. Als Frauen sind wir solidarisch mit ihrem Widerstand. Wir werden weiter für unsere Freiheit kämpfen.“