Verschleppte Ezidin und Kinder aus Camp Hol befreit

Eine 2014 vom IS in Şengal verschleppte Ezidin und zwei Mädchen sind von Sicherheitskräften der nordostsyrischen Selbstverwaltung aus dem Internierungslager Hol befreit worden. Eines der Mädchen wurde als Säugling von seiner Mutter getrennt.

Vor zehn Jahren in Şengal verschleppt

Wie die Sicherheitskräfte der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien mitteilen, sind eine vom IS verschleppte Ezidin und zwei Mädchen bei einem Einsatz im Auffang- und Internierungslager Hol befreit worden. Vor dem Einsatz seien Hinweise auf eine Ezidin im vierten Bereich des Lagers eingegangen. Nach weiteren Ermittlungen sei der Bereich am Montag durchsucht und die Frau zusammen mit zwei Kindern befreit worden.

Bei der Frau handelt es sich demnach um Ezîze Xalid Elî, die 2014 in Şengal vom IS verschleppt wurde. Eines der Mädchen ist ihre Tochter. Das andere Mädchen ist die zehnjährige Xunav Nayêf, die bei dem Angriff am 3. August 2014 erst wenige Monate alt war und damals von ihrer Mutter getrennt wurde. Alle drei sollen jetzt der Obhut des ezidischen Zentrums übergeben werden, um sie wieder mit ihren Familien zu vereinen.

Völkermord an der ezidischen Gemeinschaft

Am 3. August 2014 überfiel der IS Şengal mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen sowie der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den von ihr als Ferman bezeichneten 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Bis zu 10.000 Menschen fielen verschiedenen Schätzungen nach den Massakern des IS zum Opfer, mehr als 400.000 Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und über 7.000 Menschen wurden verschleppt. Bis heute befinden sich etwa 2.700 der Entführten in der Gewalt ihrer Peniger, die meisten davon sind Frauen und Kinder. Die Frauen und jungen Mädchen werden bis heute systematisch vergewaltigt und als Sklavinnen gehalten und verkauft. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Feminizid dar.

Camp Hol

Camp Hol liegt etwa 40 Kilometer östlich von Hesekê im irakisch-syrischen Grenzgebiet und ist so groß wie eine Stadt. Das Lager wurde Anfang 1991 während des Zweiten Golfkriegs vom UNHCR für irakische Flüchtlinge errichtet. Nachdem es zwischenzeitlich geschlossen war, wurde das Camp im Zuge des Irakkrieges 2003 wiedereröffnet. Seit der Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS durch die QSD im März 2019 gilt Hol als tickende Zeitbombe und Brutstätte des IS, da es hauptsächlich zur Unterbringung von Frauen und Kindern benutzt wird, die zuvor in Gebieten unter Kontrolle des IS lebten. Die Gesamtzahl der Bevölkerung in dem Lager liegt derzeit bei etwa 40.000. Bei mehr als der Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner handelt es sich um Binnenvertriebene aus dem Irak, die meisten von ihnen sind Kinder.