Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar wird am Dienstag für ein Arbeitsgespräch mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nach Berlin kommen. Das sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Hintergrund seien die Vermittlungsbemühungen Deutschlands im Gasstreit zwischen Griechenland und der Türkei im östlichen Mittelmeer. Die Bundesverteidigungsministerin hatte demnach bereits vergangene Woche Gespräche mit ihren zyprischen und griechischen Kolleg*innen geführt.
Kramp-Karrenbauer begrüßte die jüngsten Gespräche zwischen der Türkei und Griechenland im Streit um Erdgasvorkommen. Die CDU-Politikerin hoffe, dass alle Seiten „die Chance zum Dialog zur Lösung der strittigen Fragen” im östlichen Mittelmeer nutzten. Die Türkei sei ein „wichtiger und geschätzter” Partner innerhalb der Nato. „Bei dem Gespräch wollen wir unsere Positionen zu gemeinsamen Themen austauschen”, führte Kramp-Karrenbauer aus.
Nach fast fünfjähriger Unterbrechung hatten Athen und Ankara am Montag ihre Gespräche zur Beilegung des Streits wieder aufgenommen. Vertreter*innen beider Seiten kamen dafür zu einem ersten Treffen in Istanbul zusammen. Die Gespräche sollen in Athen fortgesetzt werden. Seit der Entdeckung reicher Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer gibt es heftigen Streit um deren Ausbeutung. Sowohl die EU-Mitglieder Griechenland und Zypern als auch die Türkei erheben Anspruch auf die betreffenden Seegebiete. Im vergangenen Jahr wäre der Streit fast eskaliert, die Nato-Partner Ankara und Athen entsandten im August Kriegsschiffe in die Region. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte zuletzt auch den „Wunsch“ nach besseren Beziehungen zur EU.
Akar nach Bagdad und Hewlêr nun in Berlin
Dass Hulusi Akar gerade einmal zwei Wochen nach seiner Rückkehr aus Südkurdistan mit Kramp-Karrenbauer lediglich über den Gasstreit mit Griechenland sprechen will, scheint allerdings wenig glaubwürdig. Insbesondere mit Blick auf die Drohungen Erdogans, eine weitere Invasion gegen Nordostsyrien, aber auch in Südkurdistan beginnen zu wollen. Akar war Anfang letzter Woche zuerst nach Bagdad und anschließend nach Hewlêr (Erbil) gereist. Das Hauptthema der Gespräche war das „gemeinsame Vorgehen im Kampf gegen den Terror“ – gemeint sind damit die kurdische Arbeiterpartei PKK und die Selbstverwaltungsstrukturen in der ezidischen Şengal-Region.
Ankara will Unterstützung der EU für Invasion
Grünes Licht für die vom türkischen Militär für das Frühjahr angekündigte Großoffensive in südkurdischen Guerillagebieten bekam Ankara von der irakischen Zentralregierung offenbar nicht, mit der PDK-Führung in Hewlêr wurde allerdings vereinbart, dass man sich auch weiterhin „Schulter an Schulter“ für die gemeinsame Sache einsetzen will. Der politische Analyst Arif Rhein sieht in Erdogans versöhnlichen Botschaften an Europa und vermeintliche Bemühungen um Entspannung im Gasstreit nur Taktik. Ankara versuche derzeit mithilfe schöner Worte und praktischer Zugeständnisse in Libyen und dem östlichen Mittelmeer die Unterstützung der EU und der USA für etwas sehr Konkretes zu gewinnen: eine großangelegte Militäroperation in Südkurdistan.