Solidaritätsaufruf: Ein Jahr „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolte im Iran

Zum Jahrestag des staatlichen Femizids an Jina Mahsa Amini und des Beginns des „Jin, Jiyan, Azadî“-Aufstands im Iran am 16. September wird zu weltweiten Solidaritätsaktionen aufgerufen.

Die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution ist die größte Protestwelle, welche die Islamische Republik Iran seit ihrer Gründung im Jahr 1979 erlebt hat. Auslöser war der staatliche Femizid an Jina Mahsa Amini. Die 22-jährige Kurdin aus Seqiz starb am 16. September 2022 in einem Krankenhaus in der iranischen Hauptstadt Teheran. Zuvor war sie von der sogenannten Sittenpolizei inhaftiert und auf einer Wache misshandelt worden. Die von Frauen angeführten Aufstände, die sich von Rojhilat, dem östlichen Teil Kurdistans, auf den gesamten Iran ausbreiteten, haben eine unumkehrbare Revolution in den Köpfen der Menschen ausgelöst.

Ein Jahr nach der Ermordung von Jina Amini werden weltweit Demonstrationen stattfinden. Die Europaorganisation der Gemeinschaft Freier Frauen Ostkurdistans (Komelgeha Jinên Azad a Rojhelatê Kurdistan, KJAR) ruft zum Jahrestag des staatlichen Femizids an Jina und des Beginns des „Jin, Jiyan, Azadî“-Aufstands dazu auf, sich an den Solidaritätsaktionen zu beteiligen und auf die Straßen zu gehen. In dem gemeinsamen Aufruf verschiedener Organisationen heißt es:

Gemeinsam auf die Straßen gehen!

Knapp ein Jahr ist vergangen seit der staatlichen Ermordung von Jina Amini und dem Beginn des revolutionären Aufstands der Bevölkerung im Iran für Freiheit, zum Sturz der Islamischen Republik und zur Überwindung jeglicher Unterdrückung, Tyrannei, Diskriminierung und Ausbeutung. Während dieser Zeit haben die kriminellen Machthaber der Islamischen Republik und ihre Handlager zur Sicherung ihrer zerbröckelnden Herrschaft Zehntausende Demonstrant:innen inhaftiert, mehr als 500 Menschen getötet und körperliche Strafen sowie langjährige Haftstrafen verhängt. Das ist die Fortsetzung jener repressiven Politik, die das korrupte Regime seit seinem Bestehen gegen Andersdenkende an den Tag gelegt hat. Ein Regime, das vor Verhaftung, Folter, Hinrichtung, Diskriminierung, Mordanschlägen und Massakern nicht zurückschreckt, um die Ausbeutung immenser natürlicher und menschlicher Ressourcen fortsetzen zu können.

Allen Repressionen und unzähligen vom Regime begangenen Verbrechen zum Trotz kämpfen Frauen* (Flinta+), die Queer-Community, die feministische Bewegung, Arbeiter:innen, Student:innen, unterdrückte Völker, Lehrer:innen, Schriftsteller:innen, Journalist:innen, Rentner:innen, Krankenschwestern, Bäuer:innen und Umweltaktivist:innen seit Jahrzehnten gegen Unterdrückung, Diskriminierung, Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Zwangsverschleierung, geschlechtliche und sexuelle Diskriminierung und Umweltzerstörung. Die Aufstände vom Dezember 2017 und Oktober 2019 waren Kulminationspunkte des langjährigen Kampfes gegen die katastrophalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, gegen systematische Diskriminierung und gegen die exorbitante Kluft zwischen arm und reich.

Jin, Jiyan, Azadî“ wurde zur Parole eines landesweiten Aufstands

Ab dem 16. September 2022 wurde „Jin, Jiyan, Azadî“ zur Parole eines landesweiten Volksaufstands für Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und zur Überwindung der religiösen Herrschaft und sämtlicher Strukturen der Ausbeutung und des Unrechts, der den Weg vorgezeichnet hat, wie sich die Bevölkerung im Iran von der Diktatur der Islamischen Republik befreien und zur Freiheit, Gleichheit und Demokratie gelangen kann. Im Zuge dieses Aufstands entstand eine beeindruckende Solidarität unter den unterdrückten Völkern Irans und darüber hinaus.

Am Jahrestag der Ermordung von Jina Amini, die den revolutionären Aufstand auslöste, und aus gleichzeitigem Anlass des 35. Jahrestags des Massakers an politischen Gefangenen von 1988 rufen wir weltweit zu Aktionen auf, um unsere Solidarität mit dem Kampf der Menschen im Iran für Freiheit und Gleichheit zu bekunden. Dazu werden werden linke, demokratische, feministische und queere Organisationen und Kollektive, die den Aufruf unterzeichnet haben, am Samstag, dem 16. September 2023, in vielen Städten der Welt Demonstrationen organisieren, in denen wir uns mit dem iranischen Volk und dem „Jin Jiyan Azadî“-Aufstand solidarisieren. Wir laden alle freiheitsliebenden Menschen, alle Vereinigungen und Organisationen von Frauen, Student:innen und Arbeiter:innen, alle Umwelt- und Menschenrechtsaktivist:innen sowie Aktivist:innen des Selbstbestimmungsrecht der Völker und die LGBTQIA+Community dazu ein, an unseren weltweiten Aktionen so zahlreich und elanvoll wie möglich teilzunehmen. Jin Jiyan Azadî! Nieder mit der Islamischen Republik! Widerstand, Solidarität, Gleichheit, Befreiung!