Im Prozess um den Mord an Saray Güven, einer 47-jährigen dreifachen Mutter, hat der Angeklagte Hayreddin Tandoğan die Tat gestanden. Nachdem er zuvor die Tat geleugnet hatte, gab er bei der letzten Verhandlung zu, Saray Güven erwürgt zu haben. Ein psychologisches Sachverständigengutachten erklärte den Angeklagten für straffähig.
Saray Güven war am 20. August 2017 ermordet worden. Ihr Leichnam wurde elf Tage später zufällig von einem Spaziergänger in Dieburg entdeckt. Der Prozess hat am 5. Juni begonnen.
Bei der Hauptverhandlung am vergangenen Mittwoch musste erneut die Ehefrau des Angeklagten als Zeugin aussagen. Am ersten Verhandlungstag hatte sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. In der Verhandlung am 8. August hatte jedoch der Angeklagte behauptet, seine Frau habe Saray Güven ermordet. Daraufhin war gegen die Ehefrau Haftbefehl erlassen worden. Am Mittwoch erklärte sie vor Gericht, ihrer polizeilichen Aussage nichts weiter hinzufügen zu wollen. Außerdem sagte sie: „Ich möchte mich nur im Namen meines Mannes entschuldigen. Mein Mann hat bei der letzten Verhandlung behauptet, ich hätte gesagt, es sei eine gute Tat, eine Alevitin zu ermorden. Das stimmt nicht. Für mich ist es wichtig, Mensch zu sein. Ich habe nichts Derartiges über die Aleviten gesagt und würde es auch nie tun. Ich entschuldige mich bei allen Menschen und bei den Aleviten.“
„Verletzter Stolz“
Der Angeklagte antwortete vor Gericht nicht auf die Fragen, warum er Saray Güven pausenlos über Whatsapp kontrolliert und ihr Auto gefilmt habe. Nach einer Verhandlungspause legte er schließlich ein Geständnis ab und gab zu, Saray Güven erwürgt zu haben. Dafür habe es Gründe gegeben: Am Tag des Mordes habe er sich mit Saray Güven getroffen. Es sei zu einem Streit gekommen. Güven habe ihn zwar ihrer Familie vorgestellt, sich jedoch trotzdem mit anderen Männern getroffen. Dieses Verhalten entspreche nicht der kurdischen Kultur und habe seinen Stolz verletzt. Im Streit habe er Saray Güven geohrfeigt. Als sie zurückgeschlagen habe, habe er sie erwürgt, so Tandoğan. Eine Vergewaltigung stritt er weiterhin ab.
Die Verhandlung wurde auf den 29. August vertagt.
Frauenprotest: „Keine einzige weniger“
Vor dem Darmstädter Landgericht fand eine Kundgebung verschiedener Frauenorganisationen statt, darunter Mitglieder von Neue Frau, Frauenrat Amara, Frauenrat Rosa und Demokratische Frauenbewegung Europa. Die Frauen wiesen darauf hin, dass sich der Tatverdächtige hinter Begriffen wie „Ehre“ und „Eifersucht“ verstecke und damit versuche, den Mord zu rechtfertigen. „Wir wollen keine männliche Gerechtigkeit, sondern wirkliche Gerechtigkeit, und wir sagen: Keine einzige weniger!“