Rheinmetall entwaffnen, das Patriarchat enttarnen!

Am 1. September beginnt das „Rheinmetall entwaffnen“-Camp in Unterlüß in Niedersachsen. Berliner Feministinnen rufen zur Teilnahme auf.

Die „FLTI*-Organisierung des Widerstandskomitees Berlin“ ruft zur Teilnahme am antimilitaristischen Camp in Unterlüß auf:

Seit 1899 hat das größte deutsche Rüstungsunternehmen „Rheinmetall“ einen Standort in Unterlüß. Die zwei Fabriken und der dazugehörende Schießplatz mit 50 Quadratkilometern sind das größte private Test- und Versuchsgebiet für Waffen und Munition in Europa.

Vom 1. September bis 9. September findet nun wieder das „Rheinmetall entwaffnen“-Camp und die dazugehörende Demonstration (7. September um 13 Uhr) statt. Das Camp wird durch ein breites Bündnis von unterschiedlichen antimilitaristischen und internationalistischen Gruppen organisiert. Einer der Sprecher des Bündnisses erklärt gegenüber „Celle Heute“: „Wir sehen Deutschlands größten Rüstungskonzern als aktiven Motor in einem zerstörerischen Räderwerk von Ausbeutung, Krieg und Abschottung. Dieses Geschäft mit dem Tod wollen wir sichtbar machen und stören.“

In den Kriegsgebieten, in die Rheinmetall seine Waffen liefert, sind vor allem Frauen und Kinder vom Krieg und der patriarchalen Gewalt betroffen, die sich durch Verschleppung und Vergewaltigung äußert. Hierbei ist es jedoch wichtig, Frauen nicht nur die Opferrolle zuzuschreiben. Ein Beispiel sind die Ezid*innen. Der Jahrestag des Genozids an den Ezid*innen durch den IS jährt sich dieses Jahr zum fünften Mal und trotz der traumatischen Erfahrungen der ezidischen Gemeinschaft wird nun im Gebiet Şengal eine demokratische und geschlechterbefreite Gesellschaft aufgebaut. Die Ezid*innen sind hierbei Vorreiter*innen und treiben den Aufbau in allen gesellschaftlichen Bereichen voran.

Der deutsche Staat unterstützt durch genehmigte Rüstungsexporte in Kriegsgebiete und an ihre undemokratischen Machthaber und Regime, die offen faschistische Praxis dieser und trägt zu einer Verschärfung von Konflikten bei. Sei es der gestürzte Diktator Baschir im Sudan oder der nun herrschende Militärrat, mit Personen, wie Mohamed Hamdan Dagalo (Dagalos Miliz), welche durch die Bundesregierung hofiert und unterstützt werden, trotz der Gewalt gegen die Bevölkerung und vor allem die Frauen im Sudan. Oder Bolsonaro in Brasilien, welcher mit faschistischen Praktiken in seinem Land gegen Oppositionelle und FLTI*-Personen vorgeht. Seit seiner Machtübernahme ist die Mordrate an FLTI*-Personen um ein Vielfaches gestiegen. Das hält die deutschen Wirtschaftsvertreter jedoch nicht davon ab, offen die Machtübernahme zu bejubeln und deutsche Unternehmen investieren zu lassen.

Nicht vergessen werden sollte die Türkei mit dem Erdoğan-Regime, das weiterhin Milliarden Euro im Rahmen des sogenannten „EU- Flüchtlingsdeals“ erhält, welche dann wiederum in deutsche Waffenlieferungen oder den Bau von Rüstungswerken im eigenen Land investiert werden. Und das obwohl die Türkei im eigenen Land gegen Oppositionelle, ethnische und religiöse Minderheiten mit repressiven Methoden und Gewalt vorgeht. Auch außerhalb der eigenen Grenzen sorgt die Türkei mit ihren osmanischen Großmacht-Phantasien durch völkerrechtswidrige Besetzungen von Gebieten in Nordsyrien wie Afrin oder Gebieten im Nordirak für Krieg und die Durchsetzung eines Systems, welches auf Unterdrückung und Assimilierung in der Region setzt. Die Bundesregierung und Rheinmetall interessiert das jedoch nicht, sondern allein der Profit, somit werden weiter munter Panzer und Waffen für diese Angriffe geliefert.

Die Verpflichtung der Bundesregierung, Rüstungsexporte zu prüfen und vor allem eine Kontrollfunktion zu übernehmen, nimmt sie nur auf dem Papier wahr. Vor allem wenn Nationalstaaten Teil eines bestehenden militärischen Konfliktes oder Kriegsparteien sind, müssten diese Rüstungsexporte abgelehnt werden. In der Realität sieht das jedoch anders aus. Die wirtschaftlichen Interessen und schmutzigen Deals stehen im Vordergrund und die Kontrollfunktion wird einfach umgangen, indem Rüstungskonzerne wie Rheinmetall Fabriken in Italien und Südafrika eröffnen oder ihre Technologie zum Bau von Waffen einfach weiterverkaufen. Die Bundesregierung zieht sich aus der Verantwortung und schließt ihre Augen vor den kreativen Ideen von Rheinmetall Defence, die bestehenden Regeln für Rüstungsexporte zu umgehen.

Dieser Militarismus kann als eine Ausformung von Patriarchat in Verbindung mit Kapitalismus und dem Machtstreben von Nationalstaaten bezeichnet werden.

Zentrale Elemente wie Konkurrenz und Profitmaximierung sowie die immer schneller wachsende Ausbeutung von Ressourcen und menschlicher Arbeitskraft sind nur ein Teil des zerstörerischen patriarchalen Systems, welches die Lebensgrundlage für Menschen auf der ganzen Welt zerstört.

Die Unterstützung von Kriegen und Krisen auf der Welt, in unserem Falle durch Rüstungsexporte, sind nötig, damit Deutschland seine privilegierte Position in der Weltpolitik behält. Die Regierung nutzt die Unterstützung von Regimen wie der Türkei zur Destabilisierung von Regionen, um eigene Machtinteressen durchzusetzen. Es geht einzig und allein um den Machterhalt und die Ausweitung von Einfluss in geopolitisch strategisch wichtigen Regionen der Erde, immer unter dem Deckmantel von Gesetzen, welche eine scheinbare demokratische Absicherung von Rüstungsexporten darstellen sollen.

Es ist daher wichtig, dass feministische Kräfte in Deutschland eine feministische Perspektive mit in das „Rheinmetall entwaffnen“-Camp in Unterlüß bringen, um das Patriarchat zu enttarnen und Zusammenhänge sichtbar zu machen. Eine neue Friedensbewegung, die sich daraus entwickelt, wäre denkbar und diese benötigt dringend eine feministische Perspektive.

Ob in Rojava, bei den Zapatista, im Sudan oder Iran sehen wir, dass Frauen, wenn sie sich organisieren, eine große Kraft darstellen und das patriarchale System zum Wanken bringen können, daher fürchtet es diesen Zusammenschluss!

Nicht erst seit dem historischen Widerstand der Frauen in Rojava, vor allem auch der YPJ und YPG, welche den IS besiegt haben, wird deutlich, welch großen Anteil Frauen am Widerstand gegen das Patriarchat haben.

Wenn wir Widerstand gegen die Praktiken von Rheinmetall leisten, leisten wir gleichzeitig Widerstand gegen das Patriarchat und damit gegen die Ausbeutung der Erde, gegen Macht und Unterdrückung. Der Zusammenhang zwischen Militarismus, Patriarchat und dem damit verbundenen Macht- und Hegemonialstreben von Nationalstaaten kann nicht mehr geleugnet werden.

Daraus ergibt sich die umso wichtigere Rolle von uns als Feminist*innen in Deutschland, der Hegemonialmacht der EU, Widerstand zu leisten gegen die Machenschaften von Regierung und Rüstungskonzernen und dagegen auf die Straße zu gehen. Denn nur dadurch unterstützen wir die Kämpfe von Frauen weltweit gegen die Unterdrückung durch das Patriarchat und die Ausbeutung durch den Kapitalismus.

Wir tragen die Verantwortung, die Destabilisierung in anderen Regionen, welche durch die Unterstützung unserer Regierung und Konzernen wie Rheinmetall, Siemens, Heckler & Koch, Krauss-Maffei Wegmann, etc. hervorgerufen wird, zu beenden und aufzuhalten!

Rheinmetall entwaffnen! Jin! Jiyan! Azadi!