Nachruf auf Guerillakämpferin Onur Artos

Die Guerillakämpferin Onur Artos ist vor zwei Jahren im Zap-Krieg gefallen. Die HPG würdigen sie als mutige Militante der Verbände freier Frauen und sprechen dem kurdischen Volk ihr Mitgefühl aus.

Gefallen im Zap-Krieg

Der Guerillakämpferin Onur Artos ist am 2. Juli 2022 im Zap-Krieg in Südkurdistan gefallen. Das gaben die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Dienstag in einem Nachruf auf die Kurdin, die mit bürgerlichem Namen Şükran Arvas hieß und Mitglied der Verbände freier Frauen (YJA Star) war, bekannt. Darin würdigen sie Onur Artos als mutige Militante und selbstlose Verfechterin des Apoismus. Der Familie der Kämpferin und dem kurdischen Volk sprachen die HPG ihr Mitgefühl aus.

                            

Codename: Onur Artos

Vor- und Nachname: Şükran Arvas

Geburtsort: Wan

Namen von Mutter und Vater: Azize – Gurgin

Todestag und -ort: 2. Juli 2022 / Zap

 

Onur Artos wurde als Tochter einer dem kurdischen Befreiungskampf nahestehenden Familie in einem Weiler in Wan-Westan (tr. Van-Gevaş) geboren. Aufgewachsen ist sie allerdings in Istanbul. Dorthin waren ihre Eltern im Zuge der „Aufstandsbekämpfung“ im Kurdistan der frühen 90er Jahre migriert. Sie hatten das Dorfschützersystem abgelehnt, in das sie integriert werden sollten, und bekamen die „Politik der verbrannten Erde“ zu spüren. Über 3.000 kurdische Dörfer wurden damals niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht, weil ihre Bewohner:innen eine Kollaboration mit dem Staat im Krieg gegen die kurdische Bewegung verweigerten.

Die gewaltsame Flucht aus der Heimat prägten Onur Artos. „Sie wuchs mit einem Bewusstsein für die genozidale, koloniale Realität des Feindes auf und war wachsam gegenüber den Bestrebungen des Staates, die kurdische Sprache und Kultur zu vernichten und unser Volk zu assimilieren“, so die HPG. „Ihr Herz schlug für Kurdistan und ihre Sehnsucht wurde mit jedem Anschluss von Menschen aus ihrem Umfeld an unsere Bewegung größer. Gleichzeitig entwickelte sie Sympathie für die Guerilla und setzte sich mit vielen politischen und sozialen Entwicklungen auseinander.“


Die Schule brach Onur Artos ab, weil sie sich einerseits dem System entziehen und andererseits ihre Familie finanziell unterstützen wollte. „Sie wollte Antworten auf ihre Fragen finden, indem sie die Politik des Systems in Frage stellte, das Frauen zur Ware macht und sie von ihrem Wesen trennt. Sie bewunderte die Frauenbefreiungsbewegung, die sich mit der Ideologie unseres Vorsitzenden geformt hatte. Widersprüche, die Hevala Onur in vielerlei Hinsicht erlebte, überwand sie bei der Revolutionären Jugend.“

Laut den HPG brachte sich Onur Artos aktiv bei der kurdischen Jugendbewegung ein. „Sie war eine Rebellin und widerständige kurdische Frau, die dem Druck des Feindes trotzte.“ 2012 wurde sie verhaftet und verbrachte zwei Jahre in einem türkischen Gefängnis. Ihre Haft sah sie als Mittel zur Erreichung einer moralischen und politischen Selbstvervollkommnung an. Nach ihrer Entlassung im Jahr 2014 –  es war die Zeit, als die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) den Irak und Syrien überrannte und Massaker an der kurdischen Bevölkerung verübte – schloss sie sich der Guerilla an. Sie ging nach Qendîl, wo sie eine militärische Grundausbildung erhielt und sich mit ideologischen Fragen auseinandersetzte. „Als Teil der Frauenbefreiungsbewegung stärkte Hevala Onur ihr Selbstvertrauen, da sie den Unterschied zwischen der Frau im System und der befreiten Frau deutlicher wahrnahm als zuvor. Sie war begeistert von allem Neuen, das sie in der Ausbildung lernte, und gliederte sich mühelos in das Leben der Guerilla ein. Außerdem absolvierte sie eine Ausbildung beim Journalistinnenverband RAJIN (Ragihandina Azad a Jinan) und brachte sich in Qendîl in die Medienarbeit der Frauenguerilla ein.“


2018 kam Onur Artos an die nach Mazlum Doğan benannte zentrale Parteischule, wo sie sich mit der Theorie Abdullah Öcalans zur Rolle der Frauen im bewaffneten Kampf beschäftigte. Im darauffolgenden Jahr schloss sie sich den Hêzên Taybet an, einer Sondereinheit in der Guerilla, die ideologischen Tiefgang und eine explizite Opferbereitschaft voraussetzt. Als Mitglied dieser Einheit war sie in der Zap-Region im Einsatz, wo sie sowohl in den Kriegstunneln der Guerilla als auch mit mobilen Teams im Gelände kämpfte und das strategisch wichtige Gebiet verteidigte.

Die umfassendste Invasionsoperation der türkischen Armee im südlichen Kurdistan war im April 2022 gestartet worden. Sie konzentrierte sich zwar hauptsächlich auf den Zap, schloss jedoch auch Avaşîn und Metîna ein. Tayyip Erdoğan bezeichnete die Operation als „den umfassendsten Krieg in der Geschichte unserer Republik“. Im Winter 2022/2023 mussten sich die Besatzer nach schweren Verlusten aus Teilen der Zap-Region zurückziehen. Seit letzten Sommer dauert die zweite Großoffensive des türkischen Staates in der Region an. Onur Artos fiel bei einem feindlichen Angriff während der Hochphase der Verteidigung des Zap. Die HPG betonen: „Den Widerstand von Hevala Onur und aller anderen Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes zum Erfolg zu führen ist der beste Weg, der Erinnerung an unsere Freundinnen und Freunde verbunden zu bleiben.“