Angespannte Lage im Damaskaner Umland
Im Umland von Damaskus kommt es seit gestern zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der lokalen drusischen Gemeinschaft und Hilfskräften des syrischen Verteidigungsministeriums. Die Verbreitung einer aufhetzenden Sprachaufnahme gilt als deren Auslöser.
Sprachnachricht als Zündfunke
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) sei eine Sprachaufnahme eines Angehörigen der drusischen Gemeinschaft in Umlauf gekommen, die Beleidigungen und aufrührerische Äußerungen enthielt, welche konfessionelle Konflikte in der syrischen Gesellschaft schürten.
Nach der Verbreitung dieser Nachricht berichteten SOHR-Aktivist:innen gestern von wachsender öffentlicher Wut und hetzerischen Äußerungen gegen Angehörige der drusischen Gemeinschaft in verschiedenen Provinzen, darunter in den Universitätsstädten Aleppo und Homs sowie insbesondere im gesamten Gebiet des Gouvernements Rif Dimashq. Hier zentrierten sich die Auseinandersetzungen vor allem auf die im Umland von Damaskus gelegenen Städten Jaramana, Sahnaya und Ahsrafiyat Sahnaya.
Bewaffnete Eskalation fordert 17 Todesopfer
Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Aufruhr sollen sich große Militärkonvois in der Nähe der Stadt Jaramana, nahe dem Stadtteil Al-Naseem, versammelt und begonnen haben, einige Viertel unter Beschuss zu nehmen und schweres Feuer zu eröffnen. Dies sei mit Schüssen mit leichten und mittleren Waffen in verschiedenen Stadtteilen zusammengefallen. Nach SOHR Angaben sind hierbei 17 Menschen getötet worden.
Aufruf zur Besonnenheit
Die Zusammenstöße finden in einer ohnehin angespannten und chaotischen Situation statt. Älteste und Würdenträger forderten ein Eingreifen der syrischen Regierung, um die Konflikte zu entschärfen, und um neue konfessionelle Konflikte sowie eine weitere Eskalation zu verhindern.
Auch die Syrische Beobachtungsstelle appellierte an die syrische Regierung, den Aufruhr zu unterbinden, um Blutvergießen zu verhindern. Sie rief die syrische Bevölkerung dazu auf, den nationalen Zusammenhalt zu stärken und sich nicht von Provokationen durch Personen mit spezifischen Interessen beeinflussen zu lassen.
Lage weiterhin außer Kontrolle
Angesichts der eskalierenden Gewalt verhängten die internen Sicherheitskräfte eine Ausgangssperre in den Städten Sahnaya und Ahsrafiyat Sahnaya und versuchten, die Sicherheitslage unter Kontrolle zu bringen. Dennoch ist die Situation zunehmend angespannt und es kam heute seit den frühen Morgenstunden erneut zu eskalierenden Zusammenstößen mit leichten und mittelschweren Waffen zwischen bewaffneten Gruppen der lokalen drusischen Gemeinschaft und Hilfskräften des syrischen Verteidigungsministeriums.
Nach Angaben der SOHR konzentrierten sich die Zusammenstöße auf Ahsrafiyat Sahnaya und weiteten sich auf die umliegenden Gebiete aus. SOHR-Aktivist:innen berichteten von Angriffen auf Sicherheitskontrollpunkte der Hilfskräfte des syrischen Verteidigungsministeriums, bevor es zu Zusammenstößen mit den Angreifern und schwerem Geschützfeuer kam.
Laut SOHR wurden bei den Zusammenstößen heute auf beiden Seiten 15 Menschen verletzt, die meisten von ihnen seien Hilfskräfte des Verteidigungsministeriums, während die Zahl der Todesopfer bisher nicht bestätigt wurde.
Angesichts der instabilen Sicherheitslage besteht die Sorge, dass sich die Zusammenstöße auf andere Gebiete ausweiten könnten. Auch eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage werde erwartet.
„Für Versöhnung und ein friedliches Zusammenleben“
Khaled Davrisch, Repräsentant der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland, kommentierte in einer schriftlichen Mitteilung: „Die Berichte über Angriffe von Islamisten auf Drusen sind besorgniserregend. Sie zeigen, dass die Zentralregierung unter Präsident al-Scharaa keine vollständige Kontrolle über die islamistischen Milizen im Land haben. Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien setzt sich weiterhin für Versöhnung und ein friedliches Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen ein. Nur durch eine Dezentralisierung des Landes mit Rechten für alle Bevölkerungsgruppen wird es Stabilität in Syrien geben.“
Israelische Militäraktion
Wie der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und der Verteidigungsminister Israel Katz heute in einer gemeinsamen Erklärung bekannt gaben, habe die israelische Armee eine Operation in der Region um Damaskus gegen eine von ihnen als extremistisch bezeichnete Gruppe durchgeführt, welche ihnen zufolge einen Anschlag gegen Mitglieder der drusischen Gemeinde geplant haben soll. Hiermit habe Israel eine klare Botschaft an die syrische Übergangsregierung senden wollen.
Titelbild: Symbolbild Luftaufnahme von Damaskus