Grüße aus JINWAR

JINWAR ist das erste ökologische Frauendorf in Rojava / Nordsyrien. Über die Baufortschritte berichten die Bewohnerinnen in einem Brief.

JINWAR, das Frauendorf in Rojava / Nordsyrien, befindet sich noch im Aufbau. Der Grundstein dieses einmaligen Projektes wurde im Frühjahr gelegt. Jetzt haben sich die Bewohnerinnen in einem Brief an alle Interessierten zu Wort gemeldet, um von den Fortschritten zu berichten.

„Liebe Freund*innen“, so beginnt der Brief, „Wir hoffen, dass es euch allen gut geht und schicken euch liebste Grüße aus JINWAR. Nach einem langen und heißen Sommer und großen Fortschritten im Bauprozess von JINWAR wird es langsam kälter und der Regen wird bald kommen. Wir freuen uns über die geleistete Arbeit und bedanken uns bei allen, die mit ihren Händen und Ideen Teil der ersten Bausaison waren.“

In JINWAR ist der Bau von rund 30 Häusern geplant, die aus selbst hergestellten Lehmziegeln errichtet werden. Mit dem einsetzenden Regen muss diese Arbeit bis zum Frühling unterbrochen werden. Die Arbeit reißt deswegen aber nicht ab, schreiben die Frauen:

„Wir sind sehr beschäftigt mit den Wintervorbereitungen. Die Freund*innen, die mit uns den ganzen Sommer Lehmziegel hergestellt haben, sind nun gegangen. Wir sind weniger Menschen im Dorf und es ist ein bisschen ruhiger geworden.“

21 Häuser in einem Sommer gebaut

JINWAR ist ein Projekt der Frauenbewegung Kongreya Star. Die Pläne für das Frauendorf reiften im vergangenen Jahr heran. Für die Umsetzung wurde ein Komitee gegründet:

„Vor ein paar Tagen hatten wir unser großes JINWAR-Treffen, bei dem alle Frauen des Komitees zusammen gekommen sind. Wir haben auf die vergangenen Monate zurückgeschaut, die Arbeit diskutiert und Pläne für den Winter geschmiedet. 21 Häuser wurden bis jetzt gebaut, die Dächer sind fertig. Gegen den starken Regen, der kommen wird, haben wir sie mit Planen abgedeckt.“

Zur Idee JINWARs gehört es, solidarische, naturnahe und radikaldemokratische Werte in den Vordergrund zu stellen. Neben der Selbstbestimmung und Selbstverteidigung spielt auch die Selbstversorgung eine wichtige Rolle in der Lebensphilosophie des Frauendorfes:

„Trotz Wasserknappheit war auch die erste Gartensaison sehr erfolgreich. Wir konnten Früchte und Gemüse ernten, haben mit viel Freude zusammen gekocht und das Gemüse aus unserem gemeinsamen Garten gegessen. Jetzt bereiten wir den Garten für die nächste Saison vor.“

Freie Frauen in einer freien Gesellschaft

Nach JINWAR zieht es viele Gäste:

„Viele Frauen haben uns besucht und verschiedene Gruppen kamen fast jeden Tag vorbei. Wir haben ihnen das Dorf gezeigt, haben zusammen gearbeitet, diskutiert und getanzt. Dabei haben wir auch viele Vorschläge für den Aufbau des Dorfes gesammelt. Für einige Gruppen haben wir Jineoloji-Seminare organisiert und über die Notwendigkeit und Grundlage des Dorfes diskutiert. Wir haben darüber gesprochen, wie wir uns freie Frauen in einer freien Gesellschaft vorstellen und welche Schritte wir dafür in unserem eigenen Leben machen.“

Bezogen werden können die neuen Häuser allerdings erst im kommenden Frühjahr, berichten die Frauen:

„Nachdem jetzt die Herbsttage begonnen haben, werden wir mehr in den Häusern arbeiten. Wir wollen Fenster und Türen aus Holz bauen, die Böden werden gemacht, Wasser- und Stromleitungen gelegt. Damit die Häuser innen heller sind und für den Schutz der Wände haben wir die ersten drei Häuser innen weiß gestrichen. Wir haben angefangen, Terrassen vor den Häusern zu bauen und sammeln Steine, um kleine Mosaike zu gestalten, die die Shahmaran, eine mythologische Frauenfigur, zeigen. Vielleicht kennt ihr sie aus der kurdischen und mittelöstlichen Mythologie. Bevor die 21 Häuser bezogen werden können, haben wir den Winter über viel zu tun, damit die ersten Frauen im Frühling ein gemeinsames Leben in JINWAR beginnen können.“

Solarenergie und Recycling

Zum Schluss des Briefes wenden sich die JINWAR-Frauen mit einem Aufruf nach Unterstützung an alle Interessierten:

„Wir haben ein Projekt für nächstes Jahr: Wie ihr wisst, soll JINWAR ein ökologisches Dorf sein. Dazu gehört auch, dass wir erneuerbare und alternative Energie nutzen wollen. Da es hier fast das ganze Jahr über sonnig ist, wollen wir gerne zunächst diese natürliche Ressource nutzen und JINWAR mit Solarenergie versorgen. Dafür suchen wir nach Menschen, die sich mit Sonnen- und Solarenergie auskennen. Sowohl die Methoden zur Energiegewinnung als auch die Beschaffung und Installierung der Solarpanels sind für uns wichtig. Hast du selbst Wissen oder kennst Menschen, die Lust haben JINWAR praktisch und vor Ort zu unterstützen? Wir sind auch sehr interessiert an Wissen und Ideen zum Thema Recycling. Welche nützlichen Sachen können wir aus Müll und alten Materialien herstellen? Hast du Tipps und Erfahrungen, die du mit uns teilen kannst? Wir haben hier sehr viel Raum, uns auszuprobieren.“

Kontakt zum Frauendorf JINWAR kann über die Email-Adresse [email protected] hergestellt werden.