Gegen alle Formen von Gewalt und Besatzung: Jin Jiyan Azadî

Der Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November findet im Schatten von Kriegen statt. Die Frauenbewegung in Rojava setzt den Tag unter das Motto „Gegen alle Formen von Gewalt und Besatzung: Jin Jiyan Azadî!".

Die Frauenbewegung in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien begeht den internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen unter dem Motto „Gegen alle Formen von Gewalt und Besatzung: Jin Jiyan Azadî“. Ein Aktionsbündnis von Frauenorganisationen und -einrichtungen hat rund um den 25. November ein wochenlanges Programm auf die Beine gestellt, das neben öffentlichen Demonstrationen auch Bildungsarbeit, Seminare, Diskussionsveranstaltungen und kulturelle Darbietungen enthält.

Das Rückgrat der Frauenbewegung in Rojava ist der Verband Kongra Star. Star ist in der kurdischen Mythologie der Name der Göttin Ischtar (Inanna) und bedeutet im heutigen Sprachgebrauch auch Stern. Die Koordination von Kongra Star hat zum 25. November eine Erklärung veröffentlicht, in der sie an die Gefallenen des Frauenbefreiungskampfes erinnert und allen Frauen, die weltweit gegen das Patriarchat und für die Freiheit kämpfen, ihren Respekt ausspricht. Weiter heißt es in der Erklärung:

„In diesem Jahr findet der 25. November im Schatten der Kriege statt, die von der herrschenden männlichen Ideologie geführt werden. Als Kongra Star und Frauenorganisationen in Nord- und Ostsyrien begehen wir den diesjährigen 25. November mit dem Slogan ,Gegen alle Formen von Gewalt und Besatzung: Jin Jiyan Azadî' und versprechen, unseren Kampf zu intensivieren. Die Gewalt gegen Frauen hat wie alle Formen der Gewalt, vom Kolonialismus bis zur Besatzung, von der Sklaverei bis zum Massaker, ihren Ursprung in der patriarchalischen Mentalität und der Unterdrückung von Frauen. Ob in Myanmar, Palästina, Bergkarabach, Afghanistan oder Kurdistan: Besatzungskriege führen zu Naturzerstörung, Massakern, Vertreibung und vor allem zu Femizid. Unser Kampf gegen Besatzung und patriarchale Gewalt muss Seite an Seite geführt und verstärkt werden.

Gewalt durch Nationalstaaten

Die Konflikte und Kriege, die heute in vielen Gebieten stattfinden, zeigen einmal mehr, dass Gewalt gegen Frauen nicht auf die Familie und die Gesellschaft beschränkt ist, sondern von der Politik der Nationalstaaten gefördert und geschützt und von den Nationalstaaten selbst ausgeübt wird, sei es in Kurdistan, Palästina, Mexiko, Indien oder Afghanistan. Wir sehen und erleben das vor allem in der Besatzung. Die Besatzung selbst ist Gewalt und wird mit der patriarchalischen Mentalität der Vergewaltigung ausgeübt. Durch die Besatzung sind Frauen am stärksten von allen Arten von Gewalt betroffen, insbesondere sexueller Gewalt. In den besetzten Gebieten von Rojava, wie Efrîn, Serêkaniyê und Girê Spî, sind Frauen täglich der Gewalt der Besatzung ausgesetzt. Die Angriffe des patriarchalen Systems, die auf der Ebene eines systematischen Krieges geführt werden, zeigen, dass die von Männern dominierten Staaten Angst vor dem Erfolg der Frauenrevolution haben.

Drohnenkrieg gegen Pionierinnen der Frauenrevolution

Wir haben diese Realität in Rojava und Nord- und Ostsyrien gesehen, wo wir vor mehr als elf Jahren eine Frauenrevolution mit dem Slogan ,Jin Jiyan Azadî' begonnen haben. ,Jin, Jiyan, Azadî' bedeutet, dass Frauen ein freies Bewusstsein, Selbstorganisation und Selbstverteidigungskraft brauchen, um ihr Leben zu befreien. Die Frauenrevolution, die wir hier begonnen haben, wird besonders durch den faschistischen türkischen Staat angegriffen. Der türkische Staat hat einen Sonderkrieg begonnen, um die politischen und organisierten Frauen zu ermorden, die die Pionierinnen ihres Volkes sind und ein demokratisches System aufbauen wollen. Dutzende unserer Genossinnen, die für die militärische, soziale und politische Verteidigung ihres Landes gekämpft haben, sind durch den von der Türkei geführten Drohnenkrieg ums Leben gekommen.

Im Sinne der Philosophie von Abdullah Öcalan

Jede Form von Gewalt gegen Frauen ist ein Angriff auf die Frauenrevolution. Die Frauenrevolution zu verteidigen bedeutet, die Organisation der Frauen zu stärken und auszubauen. Um die Frauenrevolution zu schützen, müssen wir einen einzigartigen und radikalen Kampf führen. Als Frauen sind wir die Pionierinnen dieses Kampfes und treten in die Fußstapfen der Gefallenen, die ihr Leben für die Freiheit gelassen haben. Wir setzen unseren Kampf für ein freies Leben fort, das wir im Sinne der Philosophie von Abdullah Öcalan verstehen.

Weltweiter Kampf gegen patriarchale Herrschaft

Die patriarchalische Mentalität ist in allen Teilen der Welt auf dem Vormarsch und führt einen besonderen Krieg mit psychischer und physischer Gewalt gegen Geist und Körper der Frauen. Dagegen sollte unser Kampf weltweit gegen das patriarchalische Bewusstsein und den Nationalstaat geführt werden, der die Mentalität des Systems und des herrschenden Mannes vertieft. Auf dieser Grundlage rufen wir alle Frauen der Welt auf, ihren Platz im Widerstand gegen das Patriarchat einzunehmen und sich lokal und international zu organisieren. Keine Frau sollte unorganisiert bleiben, denn der heutige Kampf ist notwendig, damit wir alle ein freies Leben führen können.

Zeitalter der Frauenbefreiung

Um das patriarchalische System zu zerstören, werden wir unseren Kampf gegen jede Art von Gewalt gegen Frauen und die dominante Mentalität der Männer verstärken. Unter dem Motto ,Frau, Leben, Freiheit' werden wir den Weltfrauenkonföderalismus aufbauen und unser Jahrhundert in das Zeitalter der Frauenbefreiung verwandeln. Von Rojava bis zum Nahen Osten und auf der ganzen Welt werden wir das 21. Jahrhundert mit der Führung der Frauen, unserer Organisation und unserer Selbstverteidigungskraft zum Jahrhundert der Freiheit der Frauen machen. Jin Jiyan Azadî!“