In der Türkei sind vier Flüchtlinge aus dem Iran festgenommen worden. Esmaeil Fattahi, Leili Faraji, Zeinab Sahafi und Mohammad Pourakbari Kermani wird von der Polizei in Denizli eine Ordnungsstörung vorgeworfen. Hintergrund ist eine Mahnwache gegen den Rückzug des Landes aus der Istanbul-Konvention, die am 20. März in der Stadt im westlichen Kleinasien stattfand. An dem Tag war der Austritt der Türkei aus dem völkerrechtlichen Vertrag zur Prävention von Gewalt an Frauen im Amtsblatt veröffentlicht worden. Die Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen“ (KCDP) hatte umgehend zu Protesten aufgerufen, unter anderem auch für Denizli.
Wie die kurdische Nachrichtenagentur Mezopotamya berichtet, werden die vier Geflüchteten aus Iran seit mehreren Stunden in der Ausländerabteilung der Bezirkspolizeidirektion Pamukkale festgehalten. Bei der Festnahme sei ihnen mitgeteilt worden, dass die Mahnwache vor gut zwei Wochen illegal gewesen sei. Mohammad Pourakbari Kermani soll gar nicht an der Aktion teilgenommen haben. Warum er dennoch festgenommen worden ist, sei unklar. Aus Denizli sind darüber hinaus keine weiteren Festnahmen im Zusammenhang mit der Mahnwache bekannt.
Mahnwache in Denizli, Quelle: Ekmek ve Gül
SEP: Polizei will Fakten für Abschiebung schaffen
Nach Angaben der Sozialistischen Arbeiterpartei (Sosyalist Emekçiler Partisi, SEP) gerät die Gruppe der Flüchtlinge aus Iran nicht das erste Mal in Konflikt mit der türkischen Polizei. Die SEP befürchtet, dass die Polizei durch die behauptete Störung der öffentlichen Ordnung eine Grundlage für eine Abschiebung in den Iran schaffen will. Alle vier festgenommenen Aktivist*innen werden in ihrem Heimatland verfolgt, ihnen drohen drakonische Haftstrafen und Folter.
Leili Farajis Schwester wurde in Gewahrsam ermordet
Leili Faraji aus der ostkurdischen Stadt Serpêllî Zehaw (Sarpol-e Sahab) in der Provinz Kirmaşan beispielsweise ist den iranischen Sicherheitsbehörden ein besonderes Dorn im Auge. Ihre Schwester Maryam Faraji hatte sich Ende 2017 an den Studierenden-Protesten in Teheran beteiligt. Daraufhin war sie festgenommen und im berüchtigten Evin-Gefängnis zehn Tage lang unter Folter verhört worden. Anschließend verurteilte sie ein Revolutionsgericht zu einer dreijährigen Haftstrafe. Gegen Meldeauflagen und ein zweijähriges Ausreiseverbot wurde die Aktivistin auf freien Fuß gesetzt.
Maryam Faraji
Druck und Repression zwingt zur Flucht
Am 6. Juli 2018 verließ Maryam Faraji ihre Teheraner Wohnung, um sich bei der Polizei zu melden. Dort wurde sie festgenommen und an einen unbekannten Ort verschleppt. Rund anderthalb Wochen später fand man ihre verbrannte Leiche in einem Straßengraben. Der gesamte Körper der 33-Jährigen wies schwerste Folterspuren auf. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass Maryam Faraji von iranischen Regimekräften zu Tode gefoltert wurde. Leili Faraji versuchte lange Zeit, die genauen Todesumstände ihrer Schwester aufzuklären und die Verantwortlichen auszumachen. Irgendwann hielt sie die Repression der Behörden nicht mehr aus und flüchtete in die Türkei.