Anwältinnen besuchen Aysel Tuğluk im Gefängnis

Vor der Vollzugsanstalt Kandira in der Westtürkei haben Juristinnen die Freilassung der an Demenz erkrankten kurdischen Politikerin Aysel Tuğluk gefordert. Die Erkrankung schreite sichtbar voran, erklärte ihre Rechtsanwältin nach einem Besuch.

Der Gesundheitszustand der kurdischen Politikerin Aysel Tuğluk hat sich weiter verschlechtert. Das teilten ihre Rechtsanwältinnen nach einem Besuch in der Vollzugsanstalt Kandira mit. Die ehemalige HDP-Abgeordnete ist seit über fünf Jahren im Gefängnis und an Demenz erkrankt. Rechtsanwältin Leyla Han Tüzel erklärte vor dem Gefängnis, dass die Krankheit sichtbar fortschreitet. Ihre Mandantin sei dennoch guter Stimmung, weil sich so viele Frauen für ihre Freilassung einsetzten.

Für die Freilassung von Aysel Tuğluk findet seit geraumer Zeit eine Kampagne statt. Vor der Vollzugsanstalt Kandira forderten auch heute wieder zahlreiche Juristinnen, darunter die IHD-Vorsitzende Eren Keskin und die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm, die Aussetzung der Haft, um der kurdischen Politikerin eine angemessene Behandlung zu ermöglichen.

Aysel Tuğluk war vor ihrer politischen Laufbahn selbst Rechtsanwältin und hat unter anderem Abdullah Öcalan verteidigt. Bis zu ihrer Verhaftung Ende 2016 war sie stellvertretende Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP). In mehreren Verfahren wurde sie bereits verurteilt, andere Prozesse sind noch anhängig. Im Februar 2020 bestätigte der türkische Berufungsgerichtshof die bislang höchste Freiheitsstrafe gegen Tuğluk mit über zehn Jahre Haft. Verurteilt wurde sie aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende des „Demokratischen Gesellschaftskongresses” (KCD) wegen „Leitung einer Terrororganisation“. Im Oktober vergangenen Jahres verhängte ein Gericht in Wan eine zwanzigmonatige Freiheitsstrafe wegen angeblicher PKK-Propaganda in den Jahren 2012 und 2013. Im sogenannten Kobanê-Prozess in Ankara droht Aysel Tuğluk eine erschwerte lebenslange Freiheitsstrafe.