Die Politik der AKP-Regierung fällt sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch immer mehr in sich zusammen. Die Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Dilan Dirayet Taşdemir, betrachtet die Einsetzung von Zwangsverwaltern an Stelle der gewählten Ko-Bürgermeister*innen in drei nordkurdischen Städten als Teil der Strategie der AKP, den eigenen Zusammenbruch durch die Feindschaft gegen Kurdinnen und Kurden aufzuhalten.
ANF sprach mit Taşdemir über die aktuellen Entwicklungen in der Türkei und die Zwangsverwaltungen von Mêrdîn (Mardin), Amed (Diyarbakır) und Wan (Van). Die Politikerin weist auf die Tatsache hin, dass die Kommunalwahlen am 21. März und ihre Wiederholung in Istanbul am 23. Juni eine große Niederlage für das AKP-MHP-Regime darstellten und das Regime nun versuche, seine chauvinistische Politik weiter zu vertiefen, zu verstetigen und zu verschärfen, um so die eigenen Reihen geschlossen zu halten.
Kommunalwahlen stellten einen Wendepunkt dar
Die Kommunalwahlen stellten in diesem Zusammenhang einen entscheidenden Wendepunkt dar. Die Menschen der Region machten deutlich, dass sie die Nase voll von der ökonomischen Krise und der Kürzungspolitik, der Ausplünderung öffentlicher Einrichtungen und der Korruption durch die AKP-MHP-Allianz haben. Die Regierung versuche, nach den Wahlen Rache zu nehmen und den eigenen Zerfallsprozess durch die Feindschaft gegen Kurdinnen und Kurden aufzuhalten, so die HDP-Abgeordnete.
Angriff auf das aktive und passive Wahlrecht
„Das aktive und passive Wahlrecht der Bevölkerung wird nicht anerkannt“, so Taşdemir, die erklärt: „Die AKP-MHP-Allianz versucht ihre Macht auf Kurdenfeindschaft, Nationalismus und Faschismus aufzubauen und die Bevölkerung durch Lügenkampagnen an ihre Seite zu ziehen. Aber sowohl die Strategie der HDP bei den Wahlen als auch die allgemeinen Forderungen nach Demokratie stellen eine Antwort auf dieses Unrecht dar.“
Frauenfeindliches Regime
Taşdemir bezeichnet die Kriminalisierung des Prinzips der Doppelspitze bei der HDP als Ausdruck der 18-jährigen frauenfeindlichen Politik der AKP und sagt: „Diese Mentalität, die den Staat als Mann betrachtet, bewertet die Beteiligung von Frauen an der Verwaltung, die gleichberechtigte Beteiligung am Leben und die Reorganisierung der Gesellschaft auf Grundlage von Werten der Frau als Aufstand gegen den Staat. Deswegen wird das System der Ko-Bürgermeister*innen kriminalisiert.“
Die demokratischen Kräfte müssen dagegen intervenieren
Die Politikerin ruft zudem zum gemeinsamen Kampf gegen diese faschistische Mentalität auf und erklärt, dass heute der Tag sei, um für die Demokratie einzustehen.
An einem Ort der Rechtlosigkeit muss man auf alles vorbereitet sein
Zu den Verbotsdrohungen gegen die HDP betont Taşdemir, an einem Ort der Rechtlosigkeit müsse man auf alles vorbereitet sein. Ein Verbot der Partei, Gewalt und Repression können aber die Probleme nicht lösen, sondern sorgen nur für deren Vertiefung. Mit diesen Drohungen sollen das kurdische Volk, die Völker der Türkei und alle Unterdrückten davon abgehalten werden Politik zu machen und ihre demokratischen Forderungen vorzubringen. Dieser Versuch sei aber zum Scheitern verurteilt.
Zwangsverwaltungen können als Antwort auf Imrali gesehen werden
Taşdemir weist darauf hin, dass die letzte Erklärung des kurdischen Vordenkers Öcalan genau diese Mentalität des Staates ansprach. „Herr Öcalan bemüht sich seit 20 Jahren vom Gefängnis auf Imrali aus um eine demokratische Lösung der kurdischen Frage. Aber nun wird wieder zum türkisch-kurdischen Krieg gehetzt, es wird versucht, alle demokratischen Forderungen der Kurdinnen und Kurden niederzuschlagen. Wir können von einer Mentalität des Staates sprechen, die seit 100 Jahren nur die Wiederholung kennt. Die Ernennung von Zwangsverwaltungen über kurdische Städte zeigt, wie weit sich der Staat von der Rationalität entfernt hat und wie illegal er in der kurdischen Frage vorgeht. Dies kann daher auch als eine Antwort auf Imrali gesehen werden“, sagte die HDP-Abgeordnete.