Wiener Gemeinderat steht an der Seite der demokratischen Opposition

Der Wiener Gemeinderat hat die Verurteilungen im Kobanê-Verfahren als Ergebnis der „türkischen Willkürjustiz“ kritisiert und die österreichische Regierung aufgefordert, sich für die Freilassung der inhaftierten HDP-Mitglieder einzusetzen.

von Grünen eingebrachte Resolution

Der Wiener Gemeinderat hat die Verurteilungen von Politikerinnen und Politikern der HDP im sogenannten Kobanê-Verfahren als Ergebnis der „türkischen Willkürjustiz“ kritisiert und sich solidarisch auf die Seite der Betroffenen und aller politischen Gefangenen gestellt. In der Sitzung am Mittwoch wurde eine entsprechende Resolution einstimmig verabschiedet, die unter anderem auf Initiative der kurdischstämmigen Abgeordneten Berivan Aslan von den Grünen eingebracht worden war.

Aslan war es auch, die im Gemeinderat über den Antrag sprach. Das Kobanê-Verfahren, bei dem kürzlich zwei Dutzend der über hundert Angeklagten, darunter die aus Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ bestehende ehemalige Doppelspitze der HDP, zu drakonischen Haftstrafen verurteilt wurden, bezeichnete die Grünen-Politikerin als einen „eklatanten Verstoß gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“. Bereits 2016 verhaftet, wurden Demirtaş und Yüksekdağ verurteilt, weil sie zu Protesten aufriefen, die im Oktober 2014 in zahlreichen Städten ausgebrochen waren, nachdem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Stadt Kobanê in Rojava eingekesselt hatte und die Erdoğan-Regierung ihre Unterstützung für die Dschihadisten nicht beendete.

Es sei ein politisch motivierter Prozess, der gegen jede Rechtsstaatlichkeit verstoße und die ganze Willkür des Erdoğan-Regimes und die Instrumentalisierung der Justiz durch die politische Macht zeige, führte Aslan weiter aus. Die Kriminalisierung demokratischer Kräfte in der Türkei sei aber kein neues Phänomen, sondern ein seit Jahren andauernder Zustand. Ob Schriftsteller:innen, Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und Anwält:innen: „Immer wieder stehen Menschen in der Türkei vor Gericht und werden wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten angeklagt. So droht unter anderem der Schriftstellerin Aslı Erdoğan ein erneutes Verfahren. Zuletzt wurde der der österreichische Staatsbürger Mehmet Ali Cankaya in der Türkei festgenommen. Der freie Journalist Ruşen Takva, der über Menschenrechtsverletzungen der Armee im Südosten der Türkei berichtete, ist ebenfalls betroffen. Deniz Yücel, Can Dündar oder Pınar Selek, neben diesen zahlreichen bekannten Namen sind in der Türkei Tausende betroffen.“

Diese Rechtsstaatlichkeit dürfe nicht ignoriert werden - sonst bestehe die Gefahr, dass Länder in Europa diesem Beispiel folgen könnten, sagte Aslan, und nannte Ungarn als mögliches Beispiel. „Als Stadt, die sich zu den Prinzipien der Menschenrechte und Demokratie bekennt, ist es unsere moralische Pflicht, gegen diese Willkürjustiz Stellung zu beziehen und Solidarität mit den betroffenen Oppositionellen und Aktivist:innen in der Türkei zu zeigen.“ Der Rat fordert daher in der Resolution den österreichischen Außenminister Alexander Schallenberg auf, sich für die Freilassung der politischen Gefangenen des türkischen Regimes einzusetzen und „klar Stellung gegen diese Menschenrechtsverletzungen“ zu beziehen.

FEYKOM begrüßt Resolution

Der Rat der Kurdischen Gesellschaft in Österreich (FEYKOM) zeigte sich zufrieden mit der Resolution. „Wir begrüßen die Initiative und den Beschluss des Gemeinderates. Es ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität“, sagte FEYKOM-Sprecher Ahmet Zirek. Der Verband hoffe, dass das Außenministerium den Forderungen des Wiener Gemeinderates nachkomme. „Österreich muss der türkischen Willkürjustiz die rote Karte zeigen und sich an die Seite der Demokratie-Kräfte stellen“, so Zirek.