Am 26. September werden in Deutschland die neuen Mitglieder des Bundestages gewählt. Verschiedenste Parteien sowie Bewerberinnen und Bewerber aus allen Bundesländern betreiben Wahlkampf, um die Stimmen von rund 60 Millionen wahlberechtigten Menschen für sich zu gewinnen. Der kurdische Dachverband KON-MED (Konfederasyona Civakên Kurdistaniyên li Almanya) macht nun auf Kandidatinnen und Kandidaten aufmerksam, die sich in der vergangenen Legislaturperiode auf verschiedene Art und Weise positiv zur Demokratisierung der Türkei und zur Lösung der kurdischen Frage bekannt haben.
Nach den Türkei-stämmigen Menschen bilden die Kurdinnen und Kurden mit einer Anzahl von circa 1,5 Millionen und hunderten Vereinen sowie zahlreichen Dachverbänden die zweitgrößte Einwanderungsgruppe in Deutschland. Unter diesen Menschen befindet sich eine nicht zu unterschätzende Zahl an Wahlberechtigten mit deutscher Staatsbürgerschaft. „Statt sich aktiv um die Unterstützung der kurdischen Institutionen und Vereine zu bemühen und auf sie zuzugehen, begnügen sich die an der Wahl teilnehmenden Parteien damit, über indirekte Ansprachen um die Stimmen dieser Wahlberechtigten zu werben”, kritisiert KON-MED.
Im Gegensatz zur jetzigen Politik der Bundesregierung, die bedingt durch die Interessenbeziehung zur Türkei eine „Kriminalisierungs- und Repressionspolitik gegenüber der kurdischen Community und kurdischen Politik” zur Folge habe, sei es zukünftig erforderlich, dass die neue Bundesregierung in dieser Hinsicht eine Neubewertung anstrebt. „Eine umgehende politische Neuorientierung ist nötig, die geprägt sein sollte von einem demokratischen und einbindenden Dialog mit den kurdischen Akteuren. Dieser Umgang wird ein wichtiger Beitrag zur Demokratisierung der Türkei und zur Lösung der kurdischen Frage sein. Gleichzeitig wird die Umsetzung einer solchen Politik für die Bundesrepublik eine Prüfung in demokratischer und menschenrechtlicher Hinsicht darstellen. Die Frage danach, wie sehr die bisherigen deutschen Regierungen mit ihren demokratischen Werten konform waren und wie problematisch die Beziehungen zum türkischen Staat zu bewerten sind, überlassen wir an dieser Stelle dem Ermessen der Wählerinnen und Wähler sowie der Öffentlichkeit.”
Auch wenn es einige Ausnahmen gebe, sei es ein „unverständlicher Mangel” der Politik, dass politische Parteien in Deutschland „grundsätzlich direkte Beziehungen” zu Vereinen und Institutionen, die sich positiv zum kurdischen Freiheitskampf bekennen, vermeiden. KON-MED sieht hier einen Einfluss der kritisierten Interessen- und Kriminalisierungspolitik. Für die Wählerinnen und Wähler, die ihre Wurzeln in Kurdistan, der Türkei und dem Nahen Osten haben und wahlberechtigt sind, möchte der Dachverband daher Vorschläge machen – selbst wenn die Parteien in dieser Hinsicht keine direkten Forderungen an KON-MED gestellt haben.
„Wir denken, dass es wichtig ist Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützen, die bereits in der Vergangenheit mit ihren Arbeiten solidarisch an unserer Seite gestanden, unsere Forderungen angehört und auch gelegentlich diese Forderungen zum Ausdruck gebracht haben. Darüber hinaus ist es auch wichtig, neue Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützen, die ihrerseits für eine Veränderung der Politik stehen. Wir rufen dazu auf, diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, die vor allem freiheitlich-demokratische, linke und menschenrechtliche Ansichten vertreten und ein ökologisches sowie die internationale Solidarität förderndes Weltbild haben. Insbesondere möchten wir in diesem Zusammenhang dazu aufrufen, junge Menschen und Frauen als Kandidatinnen und Kandidaten verschiedener Parteien zu unterstützen, die genau für diese Werte einstehen. Insofern möchten wir mit dieser Erklärung die Erwartungen unserer Institutionen zum Ausdruck bringen, indem wir die Parteien unterstützen, die auf dieser Grundlage Politik machen, insbesondere die Kandidatinnen und Kandidaten, die den Anspruch haben, die Politik gegen den Status quo verändern zu wollen.
Wir hoffen, dass nach der Bundestagswahl am 26. September sowohl die neu gebildete Regierung als auch die Oppositionsparteien über den Status quo hinausgehen und eine demokratische und integrative Politik verfolgen.”
Vor diesem Hintergrund erwartet KON-MED, dass das neue Parlament einen Beitrag zu folgenden Themen leistet:
-Die Förderung des Dialoges mit kurdischen Vereinen und Institutionen in Deutschland
-Die Aufhebung des seit 1993 erlassenen Betätigungsverbots der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland und deren Streichung von der EU-Terrorliste
-Die Anerkennung der Kurdinnen und Kurden als eigenständige Migrantengruppe in Deutschland sowie die Unterstützung der demokratischen, friedlichen Lösungsperspektiven in Kurdistan
-Einsatz für die internationale Anerkennung und Unterstützung der Demokratischen Föderation Nordostsyrien (Rojava) sowie einen politischen und administrativen Status für die Region Şengal
-Die Beziehungen mit der Türkei nicht im Rahmen einer Interessenspolitik zu pflegen, sondern dafür Sorge zu tragen, dass die Demokratie und Freiheiten gefördert werden.
Baden-Württemberg
• Riexinger Bernd, Die LINKE., Listenplatz 1, Wahlkreis Stuttgart
• Akbulut Gökay, Die LINKE., Listenplatz 2, Wahlkreis Mannheim
• Brandt Michel, Die LINKE., Listenplatz 4, Wahlkreis Karlsruhe
• Hänsel Heike, Die LINKE., Listenplatz 5, Wahlkreis Karlsruhe
• Pflüger Tobias, Die LINKE., Listenplatz 6, Wahlkreis Freiburg
• Kızıltaş Zara Dilan, Die LINKE., Listenplatz 7, Wahlkreis Heidelberg
• Ecevit Emre, Die LINKE., Listenplatz 8, Wahlkreis Rhein-Neckar
• Brugger Agnieszka, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 3, Baden-Wüttemberg, Wahlkreis Ravensburg
• Lang Ricarda, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 10, Wahlkreis Backnang – Schwäbisch Gmünd
• Topal Baran, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 43, Karlsruhe
• Stumpp Margit, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 20, Wahlkreis Aalen-Heidenheim
• Schmidt Nils, SPD, Listenplatz 2, Wahlkreis Nürtingen
• Aynur Karlikli, Die LINKE., Direktkandidatin, Wahlkreis 285 Rottweil-Tuttlingen
Berlin
• Gysi Gregor, Die LINKE., Listenplatz Direktkandidat, Wahlkreis 84 Treptow-Köpenick
• Sommer Helin Evrim, Die LINKE., Listenplatz 5, Wahlkreis 78 Spandau/Charlottenburg Nord
• Bayram Canan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Direktkandidatin Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost
• Esser Annkatrin, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 7, Wahlkreis Treptow-Köpenick
• Kühnert Kevin, SPD, Listenplatz 3, Wahlkreis Berlin-Tempelhof-Schöneberg
Bayern
• Gohlke Nicole, Die LINKE., Listenplatz 1, Wahlkreis München
• Schäfer Jamila, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 7, Wahlkreis München-Süd
• Schamberger Kerem, Die LINKE., Listenplatz 12, Wahlkreis 219 - München Süd
• Rashid Vaniessa, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 37, München-Stadt
Hamburg
• Nastić Żaklin, Die LINKE., Listenplatz 1, Wahlkreis Hamburg
• Annen Niels, SPD, Listenplatz 2, Hamburg-Eimsbüttel
Hessen
• Wissler Janine, Die LINKE., Listenplatz 1, Wahlkreis Frankfurt
• Sharif Ali Nuha, Die LINKE., Listenplatz 6, Wahlkreis Fulda
• Turgut-Wenzel Fırat, Die LINKE., Listenplatz 10, Direktkandidat für den Wahlkreis 186
Niedersachsen
• Ciftci Mizgin, Die LINKE., Listenplatz 4, Wahlkreis Osterholz/Verden
Nordrhein-Westfalen
• Hunko Andrej, Die LINKE., Listenplatz 4, Wahlkreis Aachen
• Birkwald Matthias W., Die LINKE., Listenplatz 2, Wahlkreis 94: Köln II
• Vaisi Shoan, Die LINKE., Listenplatz 12, Solingen – Remscheid – Wuppertal II
• Lucks Max, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 14, Direkkandidat Wahlkreis Bochum
• Schwabe Frank, SPD, Listenplatz 25, Wahlkreis Recklinghausen 1
• Mützenich Rolf, SPD, Listenplatz 1, Wahlkreis Köln 3
• Dieren Jan, SPD, Listenplatz 49, Wahlkreis Krefeld II – Wesel II
• Henneberger Kathrin, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 20, Direktwahlkreis ist Mönchengladbach
• Graf Lambsdorff Alexander, FDP, Listenplatz 3, Wahlkreis Bonn
• Djir-Sarai Bijan, FDP, Listenplatz 6, Wahlkreis 108: Neuss, Grevenbroich, Dormagen und Rommerskirchen
Rheinland-Pfalz
• Prof. Dr. Trabert Gerhard, (Parteilos), Direktkandidat, Wahlkreis 205 Mainz/Mainz-Bingen
Sachsen
• Kipping Katja, Die LINKE., Listenplatz 1, Wahlkreis Dresden
• Bünger Clara-Anne, Die LINKE., Listenplatz 5, Wahlkreis Erzgebirge
Schleswig-Holstein
• Blasel Jakob, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Listenplatz 8, Wahlkreis 4 Rendsburg-Eckernförde
• Seidler Stefan, Südschleswigscher Wählerverband (SSW), Spitzenkandidat
• Nitsch Sybilla Lena, Südschleswigscher Wählerverband (SSW), Spitzenkandidatin
• Roßberg Maylis, Südschleswigscher Wählerverband (SSW), Spitzenkandidatin
Thüringen
• Hennig-Wellsow Susanne, Die LINKE., Direktkandidatin Wahlkreis Thüringen
• Martina Renner, Die LINKE., Listenplatz 3, Wahlkreis 190
Über KON-MED
KON-MED (Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V., ku: Konfederasyona Civakên Kurdistanîyên li Almanya) ist eine Dachorganisation, deren Ziel es ist, neben den kurdischen Vereinen auch die Selbstorganisierung der Kurdinnen und Kurden im politischen, religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich zu unterstützen.
Gegründet wurde KON-MED im Mai 2019. Allerdings basiert der Verband auf einer Tradition der Selbstorganisierung der Kurdinnen und Kurden in Deutschland, welche bis in die 1980er Jahre zurückgeht. Die kurdische Bevölkerung ist aufgrund des anhaltenden Kriegszustands in ihrer Heimat seitdem in mehreren Wellen in Richtung Deutschland und Europa migriert. Hier in Deutschland angekommen, war es für sie weiterhin von großer Bedeutung, sich für eine friedliche Beendigung des Konflikts und den Frieden in ihrer Heimat einzusetzen. KON-MED verfolgt heute dieses Ziel ebenso wie die Förderung der sozialen Teilhabe der Kurdinnen und Kurden in Deutschland.
Zu den Prinzipien von KON-MED gehören die Wahrung der grundlegenden Menschenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter, die demokratische Teilhabe und die Verbreitung des ökologischen Bewusstseins. Diese sollen unter den Mitgliedern der an den Verband angeschlossenen Organisationen gefördert und gestützt werden. Rund 250 kurdische Einrichtungen, Stiftungen und Vereine mit tausenden Mitgliedern organisieren sich unter dem Dach von KON-MED. Damit ist KON-MED der größte Dachverband der schätzungsweise bis zu einer Million in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden. Doch ist die Konföderation nicht nur eine bundesweite Dachorganisation, sondern in Dutzenden deutschen Städten in Form von „Demokratischen Gesellschaftszentren der Kurdinnen und Kurden“ vertreten. Diese bieten im Lokalen ein Dach für alle kurdischen Institutionen, Vereine, Glaubensgemeinschaften, Initiativen und sozialen Gruppen, wobei jede Gruppe ihre Eigenheiten bewahrt, gleichzeitig aber in gemeinsamer Koordination mit den anderen arbeitet.