Vor Wahlen: UN fordern Aufhebung des Ausnahmezustands

Der UN-Menschenrechtskommissar Seid Raad al-Hussein hat die Türkei aufgefordert, den Ausnahmezustand aufzuheben.

In einer heute veröffentlichten Erklärung fordert der UN-Menschenrechtskommissar Seid Raad al-Hussein die Türkei auf, den seit mittlerweile fast zwei Jahren anhaltenden Ausnahmezustand unverzüglich aufzuheben. Es sei schwer nachzuvollziehen, wie glaubwürdige Wahlen in einem Umfeld abgehalten werden können, wenn regierunskritische Meinungsäußerungen hart bestraft werden. Weiter heißt es, dass vorgezogene Parlaments-und Präsidentschaftswahlen in einer Phase, in der demokratische Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit gefährdet sind, Fragen nach ihrer Legitimität aufwerfen und zu mehr Unsicherheit und Instabilität führen würden.

Freiheiten im Land noch immer stark eingeschränkt

Al-Hussein verurteilte auch das willkürliche Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Kritiker*innen der Erdoğan-Regierung: „Die starke Polizeipräsenz und die Verhaftungen während der Demonstrationen im Mai haben erneut gezeigt, dass die Versammlungsfreiheit im Land stark eingeschränkt ist“.

Der Ausnahmezustand war nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 verhängt worden, für den die türkische Regierung den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich macht. Unter dem Ausnahmezustand sind Grundrechte eingeschränkt. Somit kann Erdoğan weitestgehend per Dekret regieren, die nicht vor dem Verfassungsgericht anfechtbar sind. Im Zuge des Ausnahmezustands wurden etwa 160.000 Menschen festgenommen oder verhaftet und mehr als 150.000 Menschen, darunter auch unzählige kurdische Politiker*innen, Aktivist*innen, Oppositionelle, Journalist*innen, Lehrbeauftragte und Richter entlassen.