Die Frauennachrichtenagentur JINHA hat mit Frauen gesprochen, die aus verschiedenen syrischen Orten nach Damaskus vertrieben wurden und dort nun um ihren Lebensunterhalt kämpfen. Die anhaltenden Konflikte in Syrien und die weiterhin unsichere Lage führen auch nach wie vor dazu, dass Menschen aus ihren Städten vertrieben werden. Insbesondere Vermieter würden laut dem JINHA-Bericht den so entstandenen Mangel an Wohnraum zu ihrem Vorteil ausnutzen, indem sie die Mieten weiter erhöhen.
Weiterhin keine Schritte Richtung sozialer Gerechtigkeit
Nach dem Sturz des Assad-Regimes haben viele Menschen eine Phase sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Reformen erwartet. Die Vertriebenen in Damaskus sind allerdings laut der Frauennachrichtenagentur auch weiterhin Ausbeutung ausgesetzt. Besonders alleinstehende Frauen litten demnach unter der Situation.
Eine neue Form der Ausbeutung
Laut JINHA hat der starke US-Dollar in Syrien zu Preissteigerungen bei Gütern wie Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten geführt. Hierunter würden insbesondere vertriebene Menschen leiden. Seit „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) die Kontrolle über Damaskus übernommen hat, mangele es an Kontrolle und es sei ein wirtschaftliches Chaos entstanden. Auf dieser Grundlage sei im Land eine neue Form der Ausbeutung entstanden. Die Ungleichheit zwischen Gehältern und Mietpreisen verursache im täglichen Leben gravierende Probleme.
Alleinerziehende Frauen leiden besonders
Die Zahl alleinlebender Frauen in Damaskus nimmt JINHA Angaben zufolge zu. Die Frauennachrichtenagentur sprach mit Alia Al-Hadi, einer aus Deir ez-Zor vertriebenen Frau, und mit Bayan Mushaileh, die ihre Heimatstadt Daraa verlassen musste. Beide leben als Alleinstehende in Damaskus und haben mit den jüngsten Preiserhöhungen zu kämpfen.
Hausbesitzer verlangen von Vertriebenen höhere Mieten
Alia Al-Hadi suchte Zuflucht in Damaskus, nachdem sie ihre Eltern und ihren Mann verloren hatte: „Ich bin hierhergekommen, um meinen Kindern eine bessere Zukunft aufzubauen. Allerdings leiden wir unter den hohen Mieten und Lebenshaltungskosten.“ Gegenüber JINHA erzählte sie von ihrer Suche nach bezahlbarem Wohnraum in Damaskus: „Wenn ich nach einer Mietswohnung suche, erzähle ich den Vermietern, dass ich eine alleinstehende Frau bin, die sich um ihre Kinder kümmert. Wenn sie dann aber erfahren, dass ich eine vertriebene Frau aus Deir ez-Zor bin, verlangen sie eine höhere Miete. Mein 12-jähriger Sohn begann zu arbeiten, um mich zu unterstützen.“
Frauen fordern unabhängige Prüfung der Mietkosten
Al-Hadi berichtete weiter, dass es seit dem Fall Assads und der Machtübernahme der dschihadistischen HTS keine Verbesserung der Preissituation gegeben habe. „Obwohl die syrische Lira gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen hat, möchte mein Vermieter meine Miete erhöhen. Wenn ich mit der Mieterhöhung nicht einverstanden bin, werde ich mir eine andere Wohnung suchen müssen“, erläuterte die Alleinerziehende, „mein Einkommen reicht nicht aus, um all diese Ausgaben zu decken.“ Sie und andere Frauen fordern laut JINHA die Gründung von Ausschüssen, die die Mietkosten überprüfen und angemessene Mieten für Wohnungen festlegen.
Geschlechtsspezifische Lohnlücke
Wie Bayan Mushaileh, die aus der Stadt Daraa nach Damaskus flüchtete, gegenüber der Frauennachrichtenagentur angab, seien die Mieten vor einigen Jahren noch akzeptabel gewesen. Dann aber hätten sie zu steigen begonnen und sich bis heute nicht stabilisiert. Laut Mushaileh würden die Wohnungseigentümer die Situation der Vertriebenen ausnutzen, indem sie die Mieten weiter erhöhen. Doch dies sei nicht das einzige Problem: „Eine weitere Herausforderung, der wir gegenüberstehen, ist der geschlechtsspezifische Lohnunterschied. Frauen verdienen weniger als Männer, auch wenn sie die gleiche Arbeit verrichten. Wir kommen nicht mehr über die Runden“, so Mushaileh.