Im Prozess gegen Hintermänner des Mordes an dem armenischen Journalisten Hrant Dink hat ein Istanbuler Gericht seine Entscheidung vertagt. Das ursprünglich für Freitag erwartete Urteil soll nun am 26. März verkündet werden. Als Grund für die Verschiebung wurde die Verhinderung des Richters Ferhat Şahin wegen einer Herzoperation genannt.
Hrant Dink war am 19. Januar 2007 vor dem Gebäude seiner armenisch-türkischen Wochenzeitung Agos in Istanbul auf offener Straße erschossen worden. Jahrelang wurde er von nationalistischen Kräften in Gesellschaft und Justiz verfolgt, weil er den Genozid am armenischen Volk im Osmanischen Reich als solchen bezeichnete. Auch kurz vor seinem Tod war er Anfeindungen ultranationalistischer Kreise und gerichtlicher Verfolgung ausgesetzt – wegen „Beleidigung des Türkentums”. Dink setzte sich für die Rechte von Minderheiten und eine Versöhnung zwischen Armenier*innen und Türk*innen ein, stritt für Demokratie, Freiheit und gesellschaftliche Auseinandersetzung über den Genozid von 1915. Die türkische Regierung lehnt diese Einstufung bis heute kategorisch ab.
Im Prozess um den Mordfall Hrant Dink stehen insgesamt 76 Angeklagte vor Gericht – unter anderem Polizeibeamte, die von den Mordplänen gewusst haben sollen. Sechs sind in Untersuchungshaft, dreizehn weitere sind flüchtig. Mehrere Personen wurden bereits verurteilt, darunter der zur Tatzeit minderjährige Attentäter. Die Drahtzieher im Staatsapparat werden allerdings bis heute gedeckt. Vergangenen März war im westtürkischen Düzce ein Tatverdächtiger im Dink-Prozess von Unbekannten in seinem Auto erschossen worden. Der pensionierte Geheimdienstler und Unteroffizier der türkischen Militärpolizei, Şeref Ateş, stand unter Verdacht, in den Mord an dem armenischen Journalisten verwickelt zu sein. 2016 wurde er in Untersuchungshaft genommen, 2017 jedoch wieder freigelassen.