In Ankara findet im Vorfeld des Parteikongresses im Februar eine Konferenz der Demokratischen Partei der Völker (HDP) mit 600 Delegierten statt. Der Ko-Vorsitzende der HDP, Sezai Temelli, ging in seiner Ansprache auf die aktuelle Situation im Mittleren Osten und der Türkei ein und sprach von dem alten System, das sich durch seine Kriege im Mittleren Osten am Leben zu erhalten versuche. Die Auseinandersetzungen im Mittleren Osten seien von Bedeutung für die ganzen Welt, denn hier kämpfe das alte System, das für Krieg, Ausbeutung und Umweltzerstörung steht, um seine Existenz. Er bezeichnete die AKP als Werkzeug des neoliberalen Systems, das der Bevölkerung nichts als Ausbeutung, Zerstörung und Krieg bringe. Die AKP nähre sich von der Ausweglosigkeit der Lage, insbesondere von der ausbleibenden Lösung der kurdischen Frage. Die AKP versuche eine neue nationalistische Ordnung auf Kurdenfeindschaft und Neoosmanismus zu errichten.
„Das ganze Land befindet sich in Isolation“
„Die AKP ist eine Regierung des Rechtsbruchs, eine Regierung der Gewalt”, erklärte Temelli. „Sie hat das Recht an den Nagel gehängt und versucht den Ausnahmezustand zum Normalzustand zu machen. Das Justizsystem ist zusammengebrochen. Es herrscht ein Isolationsrecht. Die Isolation betrifft nicht nur das Meer um Imrali, sie betrifft die ganze Türkei. Das ganze Land befindet sich in Isolation. Die Isolation gegen Herrn Öcalan auf Imrali bedeutet die Isolation einer demokratischen Lösung. Sie stellt ein Mittel, um eine demokratische Lösung zu behindern. Denn mit der Verhinderung einer demokratischen Lösung kann sich das autoritäre System an der Macht halten. Wenn wir uns die Gefängnisse betrachten, dann wird dieses Gewaltsystem vollkommen deutlich. Heute wird in den Gefängnissen gefoltert, es gibt Menschenrechtsverletzungen. Mütter und Kinder sind im Gefängnis, unschuldige Menschen sind im Gefängnis, kranke Gefangene sterben in Haft. Das Problem der Gefängnisse ist das Problem der Türkei. Das Bild über das Leben in den Gefängnissen zeigt den Zustand des Landes am deutlichsten.“
„Lasst uns Öcalan lesen“
Temelli beschrieb die Türkei als das Land mit weltweit der größten Anzahl an „Arbeitsunfällen“ und der massivsten Ausbeutung der Arbeitskraft. Temelli bezog sich mit dem Ausspruch „Was tun?“ auf Lenin und fuhr fort: „Wir müssen ein weiteres Mal über Lenin reden und auf der Ebene der gesellschaftlichen Organisierung ein weiteres mal Öcalan lesen und von Neuem darüber nachdenken.“
Demokratische Allianz aufbauen
Er sprach sich für eine Ausweitung der Organisierung auf allen gesellschaftlichen Ebenen aus und rief zum Aufbau einer demokratischen Allianz auf. Dabei soll mit allen demokratischen Kräften verhandelt und sich auf einer partizipativ-demokratischen Ebene gegen den Faschismus organisiert werden: „Wir wollen ein neues System schaffen, bei dem die Macht und die Entscheidungsgewalt bei der Bevölkerung liegt. Der Weg dorthin führt über die Organisierung.“ Temelli wiederholte den Aufruf zu vorgezogenen Neuwahlen. Vorher müsse aber darüber gesprochen werden, wie sich ein parlamentarisches System, das auf lokale Demokratie fokussiert ist, entwickeln lässt.“
„Den Frauenkampf stärken“
Der Ko-Vorsitzende hob hervor, dass der Frauenkampf weiter gestärkt werden müsse, denn er stelle den entscheidenden Faktor zur Befreiung der Gesellschaft dar. Aber auch ohne Befreiung der Arbeit könne keine freie Gesellschaft geschaffen werden. Zur Ökologie erklärte Temelli: „Der Kampf um Ökologie stellt ein zentrales Standbein des Kampfes um radikale Demokratie dar. Ohne die Umwelt zu retten, können wir das Leben nicht retten.“