Taylan Kulaçoğlu in Balıkesir verhaftet

Der türkische Medienaktivist Taylan Kulaçoğlu ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ayvalık erneut festgenommen und inzwischen verhaftet worden.

Ein türkisches Gericht in Balıkesir hat Untersuchungshaft gegen Taylan Kulaçoğlu angeordnet. Der linke Aktivist war erst am Dienstagabend aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft von Ayvalık am Vortag widersprochen.

Wie Kulaçoğlus Anwalt Tamer Doğan mitteilte, wurde sein Mandant am Mittwoch in seinem Haus in der westtürkischen Hafenstadt Ayvalık festgenommen und über das Videoliveschaltungssystem SEGBIS der Strafabteilung am Amtsgericht Balıkesir vorgeführt. Dem Aktivisten werden Verbindungen zum Internet-Kollektiv „İsimsizler” („Die Namenlosen”) vorgeworfen, das über einen Telegram-Account regimekritische Nachrichten veröffentlicht. AKP-nahe Zeitungen wie Sabah hatten in der letzten Zeit eine Hetzkampagne gegen Kulaçoğlu durchgeführt und ihn als „Terror-Unterstützer aus dem Umfeld der DHKP-C”, bezeichnet, der das Land in „Unruhen” stürzen und einen „Gezi-ähnlichen Aufruhr” anzetteln wolle.

Rechtsanwalt Tamer Doğan kritisierte die Verhaftung von Kulaçoğlu scharf. Die Inhaftierung einer Person wegen Beiträgen in den sozialen Medien zu Zeiten der Pandemie bedeute nichts anderes, als sie „in den Tod zu schicken“. Die Gefängnisse in der Türkei sind schwer von der Covid-19-Pandemie betroffen, es gibt praktisch keine Schutzmaßnahmen. Dutzende Gefangene müssen sich eine Zelle teilen und es fehlt an einfachstem Bedarf an Hygieneartikeln.

Kulaçoğlu war bereits am Sonntag zusammen mit dem Journalisten Hakan Gülseven unter dem Vorwurf, öffentlich zu Gewalt- und Straftaten aufgerufen zu haben, festgenommen worden. Nach mehr als 48 Stunden in Gewahrsam ordnete das Gericht in der Provinzhauptstadt Balıkesir am frühen Dienstagabend die Freilassung der beiden an.

Kulaçoğlus Mutter Saliha Kulaçoğlu schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter zur Verhaftung ihres Sohnes: „Mein gestern freigelassener Sohn Taylan Kulaçoğlu wurde ohne jede Spur einer Straftat verhaftet. Wir werden uns dem Faschismus durch so etwas nicht beugen. Geht das nicht in eure Köpfe?“