21 in Istanbul festgenommene Studierende sind heute der Staatsanwaltschaft vorgeführt und gegen Meldeauflagen freigelassen worden. Vor dem Justizgebäude in Çağlayan wurden sie von Freund*innen und Angehörigen mit Jubel in Empfang genommen. Die Freigelassenen kündigten an, den Kampf gegen den von Staatschef Recep Tayyip Erdogan eingesetzten „Zwangsverwalter-Rektor“ der Boğaziçi-Universität fortzusetzen.
Von Polizisten nackt durchsucht
Die Studierenden ergriffen nacheinander das Wort und berichteten von ihren Erlebnissen. Einer der Betroffenen erklärte, dass die Jugend die dynamischste Kraft des gesellschaftlichen Kampfes ist. Seine Wohnung wurde von einer polizeilichen Sondereinheit überfallen, er wurde zusammen mit anderen auf dem Rücken in Handschellen gelegt, auf den Boden geworfen und geschlagen. Wie viele weitere wurde er von der Polizei dazu gezwungen, sich nackt durchsuchen zu lassen: „Bis gestern wurde noch behauptet, dass es keine Nacktdurchsuchungen gibt. Einschließlich meiner Person sind viele von uns gegen unseren Willen nackt durchsucht und bedroht worden. Sie mögen uns festnehmen und terrorisieren, aber wir wissen, dass wir das aufgeklärte und revolutionäre Gesicht dieser Gesellschaft darstellen.“
Strafverfahren als inszeniertes Theater
Auch ein weiterer Student berichtete, im Morgengrauen mit Staatsterror konfrontiert gewesen zu sein: „Wir wissen, dass es sich bei den erfundenen Anschuldigungen und Prozessen um inszeniertes Theater handelt, um uns Revolutionäre vor Gericht zu stellen. Wir gehen mit weißer Weste aus diesen Verfahren hervor. Für alle, die glauben, uns mit lächerlichen Anschuldigungen, Festnahmen und Hausdurchsuchungen einschüchtern zu können, erkläre ich es an dieser Stelle noch einmal: Revolutionäre Menschen haben sich noch nie dem Verhaftungsterror gebeugt, und das wird auch weiterhin so sein.“
Bis der Staatsterror aufhört
Rechtsanwältin Ezgi Önalan hat die staatsanwaltschaftlichen Anhörungen der festgenommenen Studierenden begleitet. Vor dem Gerichtsgebäude erklärte sie, immer an der Seite der Studierenden zu stehen, die ihr Recht auf demokratischen Protesten wahrnehmen. Sie wies darauf hin, dass die Wohnungen der Betroffenen wegen haltlosen Anschuldigungen gestürmt und die Festgenommenen misshandelt worden sind. LGBTI+Personen seien in Polizeigewahrsam von sexualisierten Übergriffen betroffen gewesen und würden immer noch mit dem Tod bedroht. „Nicht die Studierenden haben diesen Zustand herbeigeführt, sie haben nur ihr Recht auf Protest genutzt. Wir werden hier bleiben, bis die Folterer verurteilt sind und der Staatsterror aufhört“, so die Rechtsanwältin.
Nach den Reden wurde in Begleitung von Sprechchören getanzt und ein Erinnerungsfoto aufgenommen.