Der Verein demokratischer Ärzt:innen (vdää*) solidarisiert sich zusammen mit weiteren Organisationen aus Deutschland mit den ärztlichen Kolleg:innen im Iran und fordert, dass diese ihre Arbeit entsprechend dem Genfer Gelöbnis zum Schutze und Wohle ihrer Patient:innen ausüben können. In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock fordern die Organisationen die deutsche Bundesregierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die im Iran stattfindende menschliche Katastrophe zu beenden.
Zum Hintergrund heißt es in dem offenen Brief: „Als medizinisches Personal wenden wir uns an Sie mit großer Sorge um die menschenrechtliche und gesundheitliche Situation der Zivilbevölkerung im Iran. Seit dem gewaltsamen Tod der 22-jährigen Mahsa Jina Amini am 16. September protestieren Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen landesweit unter Lebensgefahr gegen die Islamische Republik Iran, unter ihnen auch viele Medizinstudierende und Ärzt:innen.
Während sich die Menschen für ihre Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung einsetzen, nimmt das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen sie an Brutalität zu. Mit massiver Gewalt versucht das Regime, die Proteste zu unterdrücken. Wiederholt wurde von Amnesty International der Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern, das Schießen mit scharfer Munition sowie der massive Einsatz von Schlagstöcken gegen Protestierende dokumentiert.
Über 15.000 Menschen wurden verhaftet, sogar Minderjährige zu Tode geprügelt, erschossen und verschleppt. Über 300 Menschen wurden bisher ermordet, darunter viele Minderjährige. Noch immer ist über den Verbleib zahlreicher politischer Gefangener nach dem Brand im Teheraner Evin Gefängnis am 15.Oktober 2022 nichts bekannt. Es mehren sich Berichte über Vergewaltigungen und Folter in den Gefängnissen.
Mit größter Sorge sehen wir den Beginn von Strafprozessen gegen politische Gefangene in diesen Tagen. Da den politischen Gefangenen im Iran Hinrichtungen drohen, befürchten wir, dass das Leben von unzähligen weiteren Menschen akut in Gefahr ist. Die aktuellen, heftigen Angriffe der iranischen Streitkräfte auf kurdische Gebiete stellen eine weitere dramatische Eskalationsstufe der staatlichen Gewalt gegenüber Zivilist:innen dar.“
Verletzte müssen heimlich behandelt werden
Als besonders perfide benennen die Organisationen das gewalttätige Vorgehen der Sicherheitskräfte gegenüber protestierenden Ärztinnen und Ärzten: „Deren Protest richtete sich u.a. gegen die Anwesenheit von Sicherheitskräften in den Krankenhäusern. Ärzt:innen sind gezwungen, ihre Patient:innen zu ihrem Schutz heimlich und außerhalb der Gesundheitszentren zu versorgen, und sind selbst Zielscheibe von Repressionen.
Wir solidarisieren uns mit unseren ärztlichen Kolleg:innen im Iran und fordern, dass sie ihre Arbeit entsprechend dem Genfer Gelöbnis zum Schutze und Wohle ihrer Patient:innen ausüben können. Wir, Beschäftigte im Gesundheitswesen, sehen es als unsere Pflicht an, uns mit allen für Frauenrechte, Menschenrechte und Freiheit protestierenden Menschen im Iran zu solidarisieren. Wir bewundern ihren Mut, sich dieser Lebensgefahr auszusetzen und fordern entsprechend unserem beruflichen Selbstverständnis das bedingungslose Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diese menschliche Katastrophe zu beenden. Wir fordern eine Politik, die die Zivilbevölkerung schützt und unterstützt.“
Die unterzeichnenden Organisationen
Bundesärztekammer, Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BafF), FrAktion Gesundheit in der Landesärztekammer Berlin, IPPNW (Deutsche Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.), Landesärztekammer Hessen, Landesärztekammer Thüringen, Liste demokratischer Ärztinnen und Ärzte Hessen, Marburger Bund Bundesverband, Marburger Bund Landesverband Hamburg, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery (Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes), Verein demokratischer Ärzt:innen, Zentrum Überleben