Solidarität mit Rojava und Leyla Güven in Barcelona

In Barcelona fand eine Tageskonferenz zur Unterstützung für Rojava statt. Das kämpferische Nachbarschaftskomitee des Stadtteils Sants erklärte seine geschwisterliche Solidarität mit Kurdistan.

Am Samstag fand in Barcelona eine Tageskonferenz zur Unterstützung für Rojava statt. Das kämpferische Nachbarschaftskomitee des Stadtteils Sants erklärte auf der Konferenz seine geschwisterliche Solidarität mit Kurdistan. Tagsüber gab es Gespräche, Dokumentationen und Aktivitäten in der früheren Fabrik Can Batlló. Die Fabrik ist heute dank der engagierten Nachbarn, die diese besetzten und in ein selbstverwaltetes Kulturzentrum umwandelten, ein Ort für Veranstaltungen und beherbergt zahlreiche soziale Projekte und Kooperativen. Sie ist der ideale Ort, um über die kurdische Befreiungsbewegung und den demokratischen Konföderalismus zu sprechen.

Der Tag begann um 12 Uhr mit der Erklärung der Gründung des Komitees des Internationalistischen Widerstandes (C.R.I) und seiner Solidarität mit Rojava in Katalonien. Das Komitee brachte zum Ausdruck, wie wichtig es sei, international auf die drohenden Angriffe auf Rojava zu reagieren: „Diese demokratische und autonome Region wollen wir aus Katalonien verteidigen. Wir als Kollektive und Vereine kämpfen hier dafür, ein Modell einer demokratischen und feministischen Gesellschaft mit einer sozialisierten Wirtschaft und ökologischer Nachhaltigkeit zu schaffen. Als solche sind wir uns bewusst, dass wir mit allen aus eurem Gebiert solidarisch sein müssen. In Rojava, wo die soziale Revolution aufblüht und uns so viel Hoffnung gibt, ruft uns heute dazu auf, es zu unterstützen.“

Meike Nack von der Frauenstiftung Rojava berichtete auf der Konferenz von den aktuellen Angriffen auf Rojava, dem revolutionären Projekt sowie dem Kampf der kurdischen Frauen. Nach ihrer Rede erklärten Vertreter*innen der Gewerkschaft CGT (General Labour Federation), die Konföderation anarchosyndikalistischer Gewerkschaften in Spanien, CNT (Confederación Nacional del Trabajo), politische Parteien wie die CUP (Popular Unity Candidacy) und auch Kollektive und Organisationen aus allen Bereichen der Gesellschaft öffentlich ihre Unterstützung für Rojava.

Die Teilnehmer*innen zeigten sich solidarisch und berührt vom Kampf in Kurdistan. Sie brachten zum Ausdruck, wie wichtig es sei, Verbindungen zwischen Völkern und Gemeinschaften auf der ganzen Welt herzustellen, um den Allianzen der kapitalistischen Moderne und ihren Nationalstaaten zu begegnen. Die inhaftierte HDP-Abgeordnete Leyla Güven, die sich am Konferenztag bereits 74 Tage im Hungerstreik befand, war in allen Herzen präsent. Die Konferenzteilnehmer*innen nahmen ein Video auf, in dem sie ihre Freiheit, ihren Kampf unterstützten sowie die völkerrechtswidrige Invasion und militärische Okkupation der kurdischen Regionen durch den türkischen Staat verurteilten.  Auch wurde die Situation der Isolation von Abdullah Öcalan ermahnt.

Aber nicht nur über Rojava wurde gesprochen, sondern Kurdistan wurde als eine vereinte Region verstanden. Teilnehmer*innen aus Südkurdistan (Başûr), Ostkurdistan (Rojhilat) und Nordkurdistan (Bakur) teilten den ganzen Tag über ihre Erfahrungen von Repression und Widerstand aller Regionen Kurdistans. Um sich auch visuell der Sprache und Kultur Kurdistans anzunähern, wurden zwei Dokumentarfilme gezeigt: „Die Geschichte der zerstörten Städte“, der erste Dokumentarfilm der Film-Kommune in Rojava und „Die Sonne des Nordens – der Aufbau der Autonomie in Bakur“. Bei der letzteren Dokumentation handelt es sich um ein Projekt von zwei Katalanen, die sich 2015 in der von der Türkei besetzten kurdischen Regionen aufhielten.

Zum Abschluss wurde die Autobiografie „Mein Leben war ein Kampf“ von der PKK-Mitbegründerin Sakine Cansız vorgestellt. Es war ein Akt zum Gedenken an den Kampf der Revolutionärin, die am 9. Januar 2013 mit ihren beiden Genossinnen Fidan Doğan und Leyla Şaylemez von einem Agenten des türkischen Geheimdienst MIT in Paris ermordet wurde. Außerdem wurde ein Video über das Leben von Sakine Cansız mit einem Text von Ellen Jeadicke gezeigt, später wurden einige spanische Fragmente des Buches vorgelesen. Meike Nack erzählte den Anwesenden vom Leben von Sakine „Sara“ Cansız. Es waren Worte voller Leidenschaft, Würde und Freiheit, die es den Zuhörer*innen erlaubten, Sara kennenzulernen und sich von ihren Lebenserfahrungen inspirieren zu lassen. Mit Sakine wurden Antworten auf die Fragen gefunden, die der Kampf um Freiheit und die Befreiung von Frauen Tag für Tag hervorruft. Großes Interesse galt der kurdischen Frauenwissenschaft Jineologie (Jineolojî). Die Anwesenden hörten aufmerksam der Annäherung von Sakine an den Feminismus und welche Rolle sie in Europa spielen könnte, zu.

Die verlesenen Solidaritätsbotschaften lauten:

CUP

„Es ist wichtig, Bande der Solidarität zu weben, weil der Kampf gegen die Macht und für die Emanzipation in der Region (Rojava/Kurdistan) unterschiedliche Formen annimmt, aber es ist derselbe Kampf; ein Kampf für die Menschen und für ein menschenwürdiges Leben. Solidarität wird von organisierten Menschen aufgebaut, von unten, nicht von den Staaten.

Die Abspaltung der Kurden und den politischen Gefangenen von ihrer Bewegung durch den türkischen Staat ist dieselbe Methode, die der spanische Staat mit den baskischen Gefangenen versucht hat. Es ist dieselbe Logik, mit der Staaten diejenigen unterdrücken, die für ihre Rechte kämpfen.

Der Hungerstreik von Leyla Guven muss zu mehr Solidarität führen und uns veranlassen, von hier aus mehr und besser zu erklären, was Abdullan Öcalan erlebt und was das ganze kurdische Volk erlebt. Es gibt seit 73 Tagen einen Hungerstreik, und es scheint nicht so, als würde dieser schnell enden, was uns dazu zwingt, zu reagieren und stärkere Bindungen aufzubauen.”

Sindicato CNT

„Es ist ein Akt internationalistischer Verantwortung, die Revolution von Rojava zu unterstützen, da sie ein soziales Modell entwickelt, das zu unseren Idealen passt und dem Kapitalismus, dem Imperialismus und dem Patriarchat gegenübersteht, die unsere großen Feinde sind.

Die kurdische Bewegung ist nicht nur ein Schlüsselakteur im Kampf gegen den IS, sondern zeigt, dass ein anderer Mittlerer Osten und eine andere Welt möglich sind. Sie entwickeln eine Gesellschaft, in der Frauen eine zentrale Rolle bei der Verwaltung des öffentlichen Lebens und bei der Verteidigung der Region spielen, in der von Frauen Strukturen geschaffen wurden, um den Missbrauch des Patriarchats der Türkei oder ihrem Verbündeten, dem Islamischen Staat, zu beenden. In Nordsyrien wird ein wirtschaftliches und produktives Modell entwickelt, das sich auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und nicht auf die Interessen der Kapitalisten konzentriert, Arbeiter*innenkooperativen schafft, um die Entwicklung des Lebens in der Region zu ermöglichen und Prozesse des Landes zu respektieren.

Die Revolution von Rojava ist ein beispielloser epischer Kampf im 21. Jahrhundert. Heute haben wir die Gewissheit, dass eine andere Welt möglich ist und dass der Keim dieser neuen Welt in Rojava ist. Daher ist es zwingend notwendig, dass die revolutionären Organisationen alles tun, um die Tragfähigkeit des Projekts zu gewährleisten, insbesondere jetzt, da es vom Erdogan-Regime bedroht ist. Wir beteiligen uns an den globalen Aktionstagen am 27. und 28. Januar. Wenn wir das kurdische Volk verlieren, verlieren wir alle Arbeiter und Unterdrückten in der Welt. Ihr Kampf ist unser Kampf, ihre Revolution ist unsere Revolution, und deshalb wird ihr Sieg unser Sieg sein!”

Sindicato CGT

Rojava ist nicht nur Rojava, es ist auch ein bisschen wir und wir möchten ein TEIL des Kampfes der Kurden und des Kampfes von Rojava sein.

Diese neue Welt, die wir in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in unseren Herzen getragen haben und die wir mit einigen Flaggen einer immer weiter entfernten Vergangenheit in Verbindung bringen, ist jetzt ein echter Kampf, der mit der Zukunft geladen ist. Die Genossen Kurdistans geben der gesamten Menschheit und der Arbeiterklasse wieder Würde.

Die Teilung des kurdischen Volkes in Staaten zeigt uns, dass Staaten ein unmenschliches Konstrukt sind. Der Kampf gegen Faschismus, Autoritarismus, Ausbeutung und Unterdrückung kann gleichzeitig mit dem Aufbau einer neuen Welt erfolgen, die wir bereits 1936 vor vielen Jahrzehnten am 19. Juli begannen. Und diese neue Welt ist nicht nur eine Konfrontation gegen einen Staat, der uns unterdrückt, oder auch gegen eine Oligarchie, die uns ausbeutet. Dies ist auch ein Kampf, um uns und uns selbst aufzubauen, und hat die patriarchalische Struktur beseitigt, die besonders Männer herausfordert.

Der Kampf Kurdistans lehrt uns, dass Kampf Kampf ist, dass es Mittel gibt, die wie eine Waffe, die in Kontexten der Unterdrückung unerlässlich ist. Rojava lehrt uns auch den Wert der Solidarität. Das internationalistische Ideal ist eine Gegenwart und eine Zukunft, die uns alle fordert. Und wir müssen Solidarität in Taten verwandeln. Hier müssen wir auch mit dem Aufbau einer Konföderationsgesellschaft beginnen, die auf der freien Vereinigung der Menschen und der kollektiven Fähigkeit der arbeitenden Bevölkerung basiert, um unsere Zukunft mit unseren Waffen aufzubauen, wie dies in Rojava der Fall ist.”