„Solidarität gegen rassistische Abschottung, Faschis­mus und Krieg“

Das Münchner Solidaritätsbündnis für Kurdistan hat sich zur Heuchelei der deutschen Politik und der Abschaffung des Asylrechts an den EU-Außengrenzen geäußert und ruft zu Solidarität gegen rassistische Abschottung, Faschismus und Erdogans Krieg auf.

Das Münchner Solidaritätsbündnis für Kurdistan hat einen Aufruf zur aktuellen Situation in Deutschland und an den EU-Außengrenzen nach dem faschistischen Massaker in Hanau, der Heuchelei der deutschen Politik und der Abschaffung des Asylrechts an den Außengrenzen der EU veröffentlicht. Nachfolgend dokumentieren wir den vollständigen Aufruf:

Greift ein gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus - Solidarität gegen rassistische Abschottung, Faschismus und Erdogans Krieg!

Die griechische Regierung schafft mit Rückendeckung der von Deutschland gekaperten EU das Asylrecht vollständig ab. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich diese Woche ein eigenes Bild vor Ort gemacht und gut geheißen, was an den Grenzen Europas gerade geschieht: Dort marschiert der Faschismus mit der Zerschlagung der Menschenrechte, der rassistische Mob treibt Boote zurück aufs offene Meer und veranstaltet Hetzjagden auf Ärzt*innen, Journalist*innen und solidarische Menschen. Die griechische Polizei schießt auf Geflüchtete mit CS-Gas, Gummigeschossen und offenbar auch scharfer Munition. Mit Wasserwerfern und Knüppeln geht sie gegen hilfesuchende Kinder, Frauen, Alte und Kriegsflüchtlinge vor. Und die höchste Repräsentantin der EU? Sie gratuliert der griechischen Regierung, ihren Truppen und (implizit) dem rassistischen Mob von Lesbos bis zur nordgriechisch-türkischen Grenze. Mittlerweile beteiligen sich deutsche und ös­terreichische Nazis bei den Pogromen vor Ort.

Der blutige EU-Türkei-Deal gegen Flüchtende eskaliert die Situation weiter: Erdogan presst der EU damit seine Besetzungspolitik in Rojava und die Expansionsbestrebungen auf syrischem Territorium ab, eben auch in Idlib, wo er zusammen mit islamistischen Kräften agiert. In dieser Situation unterstützt die Union außenpolitisch gemeinsam mit der AfD die harte Haltung der griechischen Regierung gegen alle Geflüchteten, legitimiert den offenen Völkerrechtsbruch und schwadroniert offen über eine türkische Besatzungszone für Geflüchtete in Nordsyrien. Während sie innenpolitisch noch Empörung über rechten Terror heuchelt. Eine wahrhaftige Schmierenkomödie der neoliberalen Eliten, um bei den anstehenden Wahlen nicht unterzugehen. Für CSU-Innenminister Horst Seehofer sind Asylrecht, Völker- und Menschenrechte keine garantierten Rechte mehr, sondern bestenfalls ein Gnadenakt: Auch er lobte laut kurdischer Nachrichtenagentur ANF die griechische Regierung und ihre Polizei für ihr Vorgehen und erklärte: „Erst Ordnung an Grenzen, dann Humanität.“ Dies sei auch Ziel des Sondertreffens der europäischen Innenminister in Brüssel, sagte Seehofer vor der Ratssitzung am Mittwoch.

Nach innen heucheln und nach außen hetzen – zur deutschen Außen- und Innenpolitik von Union, SPD und Regierung

Und trotzdem sind Teile der Linken in ihrer Engstirnigkeit gerade bereit für die erhoffte innenpolitische Scheinruhe alles über Bord zu werfen: In München haben zivilgesellschaftliche Gruppen, NGOs mit Teilen der bürgerlichen linksliberalen Stadtgesellschaft sogar CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder zu einer parteienübergreifenden Kundgebung gegen die AFD am 6. März 2020 eingeladen – ein Skandal: Söder und die regierenden Politiker*innen sollten schweigen und zuhören – sprechen sollten die Betroffenen der rassistischen Massaker und Politik!

„Toleriert die EU die rigorose Abschottung und die Anwendung von Gewalt an der griechisch-türkischen Grenze und sollte sie Griechenland dabei sogar durch die Bereitstellung von Grenz­schutzbeamten im Rahmen von Frontex und Technik unterstützen, macht sie sich mitverantwortlich für den Völkerrechtsbruch und mögliche Menschenrechtsverletzungen.“ – Deutsches Institut für Menschenrechte

Wir haben nicht vergessen, wie Söder über Jahre als rassistischer Einpeitscher fungiert hat. Wir wollen auch nicht vergessen, dass in Bayern in der jüngeren Vergangenheit ein rassistisches Integrationsgesetz und ein autoritäres Polizeiaufgabengesetz mit den Stimmen Söders verabschiedet wurden. Als Ministerpräsident hat Söder diese nicht nur nicht zurückgenommen, sondern im Kern bestätigt. Mit konziliantem Ton sucht die politische Wachsfigur Söder nun nach einer Reinwaschung, um sich als Spitzenpolitiker und Kanzlerkandidat für eine schwarz-grüne Option zu etablieren. Und nicht wenige sind gewillt, eine solche Reinwaschung auch zu erteilen.

Vertreter*innen der kurdischen Community oder selbstorganisierte Migrant*innen sowie radikale Linke (egal welcher Herkunft) werden an dieser Kundgebung hingegen nicht sprechen dürfen – Staatsräson organisiert von der Zivilgesellschaft - wie damals die Lichterkette 1993 zum Schutz der Deutschen (Wirtschafts-)Interessen. So wurde damals schon der Kampf gegen die Abschaffung des Asylrechts entpolitisiert und ausgehöhlt. Bereits bei den Gedenkkundgebungen rund um die rassistischen Morde von Hanau zeichnete sich eine Situation ab, in der Vertreter*innen von DITIB oder direkte Repräsentant*innen des türkischen Staates für offiziöse Anlässe besonders gefragt erschienen. In München wird mit ein Vertreter des MFI sprechen; Benjamin Idriz deren Aushängeschild und Gesicht ist als Erdogan-Anhänger mit Bezügen zum politischen Islam bekannt. Eine Fokussierung, die der Breite der Betroffenen rassistischer Gewalt nicht gerecht wird: Fast gänzlich aus dem kollektiven Gedächtnis entschwindet beispielsweise, dass sich unter den Ermordeten und Verletzten von Hanau auch Sinti und Roma befanden.

Aus einer internationalistischen Perspektive stehen wir an der Seite der Unterdrückten. Wir fordern antirassistische Solidarität mit den Geflüchteten an den EU-Außengrenzen, gegen Faschismus hier und dort: Gemeinsam und Schulter an Schulter gegen Faschismus, gegen die AFD und die islamistischen und türkischen Faschisten. Gemeinsam gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Schluss mit der Heuchelei! Siempre Antifascista - Hoch die internationale Solidarität!