„Soldaten haben willentlich auf uns geschossen“

In Colemêrg ist gestern ein 14-Jähriger von türkischen Soldaten erschossen worden. Der Gouverneur ließ verlauten, dass ein Querschläger zum Tod des Jungen führte. Ein Zeuge sagt nun: „Die Soldaten haben willentlich auf uns geschossen“.

Nach dem Tod des 14-jährigen Vedat Ekinci in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) kommen immer mehr Details ans Licht, die im Widerspruch zur offiziellen Version stehen. Zu dem Vorfall war es am Donnerstag im Landkreis Rûbarok (Derecik) gekommen. Zunächst hatte es geheißen, dass aus einem Hubschrauber der türkischen Luftwaffe auf mehrere Grenzhändler geschossen wurde. Offenbar wird die Gruppe von den türkischen Behörden des illegalen Schmuggels bezichtigt, um den Vorfall zu legitimieren. Haci Ekinci, ein Cousin des getöteten Jungen, ist Zeuge der Tat. Gegenüber Euronews bestritt er die Anschuldigungen und erklärte, dass die Familie Viehhandel betreibe. Außerdem gab er an: „Die Soldaten haben willentlich auf uns geschossen. Vedats Bruder Burhanettin wurde der Fuß zerstrümmert“.

Der Provinzgouverneur hingegen ließ am Freitag verlauten, dass ein Querschläger zum Tod von Vedat Ekinci geführt habe. Die Soldaten hätten einen „Warnschuss“ abgegeben, der an „Felsen der hügeligen Landschaft abprallte und den Jungen schließlich tötete“, hieß es. Haci Ekinci äußerte dazu: „Wir haben zu dritt nach unseren verschwundenen Kühen gesucht. Als wir uns dem Grenzgebiet (nach Südkurdistan/Nordirak, Anm. d. Red.) näherten, tauchten plötzlich Soldaten auf. Die Pferde wurden unruhig. Aus einer Entfernung von etwa 20 Metern wurde das Feuer auf uns eröffnet. Vedat wurde am Rücken getroffen, er versuchte sich unter einen Baum zu schleppen. Dort verstarb wenig später.“

Auf Handyaufnahmen, die kurz nach dem Beschuss entstanden, sind Soldaten zu sehen, die Erste-Hilfe-Maßnahmen leisten. Nach Angaben von Haci Ekinci handele es sich bei ihnen um Wehrpflichtige aus einer nahegelegenen Wache, die an den Tatort geeilt waren, um zu helfen. Die Familie sei bekannt bei den in der Region stationierten Soldaten. Während einer dieser Soldaten versuchte, mit einer Herzmassage Vedat Ekinci am Leben zu erhalten, soll die Soldateneinheit, die das Feuer auf die Gruppe eröffnet hatte, dabei lediglich zugesehen haben.