„Sie wollten ein weiteres Massaker verüben“

Trotz Verbot, einem massiven Polizeiaufgebot und Festnahmen haben HDP-Mitglieder in Istanbul gegen den Angriff eines Faschisten auf das Parteigebäude in Bahçelievler protestiert. Die Abgeordnete Hüda Kaya warf der AKP ein versuchtes Massaker vor.

Trotz Verbot, starkem Polizeiaufgebot, Gewalt und willkürlichen Festnahmen haben zahlreiche Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Istanbul gegen den Angriff auf den Kreisverband in Bahçelievler protestiert. Am Dienstag hatte ein mit einer Pistole bewaffneter Angreifer in dem Gebäude zwei HDP-Mitglieder mit einem Messer verletzt und war kurz darauf festgenommen worden.

„Faktisch wollen die Behörden uns zu verstehen geben, dass wir ermordet, massakriert oder verhaftet werden können, aber unser Grundrecht auf Protest nicht wahrnehmen dürfen“, kritisierte die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm das kurzfristig vom Landratsamt des Bezirks Bahçelievler ausgesprochene Veranstaltungsverbot zur Unterbindung der Demonstration im Viertel Şirinevler. „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten und werden unseren Protest gegen ungenierte Angriffe und verschärfte Repression gegen unsere Partei überall im Land fortsetzen“, so Gülüm.

Der Ko-Vorsitzende des HDP-Provinzverbands von Istanbul, Ferhat Encü, war ebenfalls anwesend. Er bezeichnete das Demonstrationsverbot als „Maßnahme fernab von juristischer Korrektheit“ und protestierte gegen die Festnahme von einigen Teilnehmenden. Die genaue Zahl der Betroffenen ist noch unklar, auch ist ihr derzeitiger Aufenthaltsort nicht bekannt.

Kaya: AKP ernährt sich von Eskalationen, Gewalt und Blut

Die HDP-Abgeordnete Hüda Kaya machte die Regierung mitverantwortlich für den Angriff auf den Kreisverband in Bahçelievler und warf ihr vor, die Partei systematisch zur Zielscheibe zu machen. Der Anschlag sei eine Folge von Erdoğans innenpolitischen Manövern, dessen Politik der bewussten Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft und dem damit verbundenen Anstieg von Rassismus und Nationalismus. „Seine Partei die AKP ernährt sich von Eskalationen, Gewalt und Blut. Sie wollten hier ein weiteres Massaker verüben“, hob Kaya hervor. Dass es bei dem Angriff nicht zu Toten kam, lag wohl einzig daran, dass die Waffe des Angreifers klemmte. Über die Ermittlungsakte ließ die zuständige Staatsanwaltschaft in Windeseile eine Geheimhaltungsverfügung verhängen. Ermittelt wird nach Angaben der juristischen Kommission der HDP nicht unter dem Label versuchter Mord, sondern lediglich wegen Bedrohung mit einer Waffe.

Regierung hat Kompass für das Wesentliche verloren

„Dieser auf Tod und Gewalt abzielende Kurs, den die AKP nicht erst seit gestern eingeschlagen hat, zeigt, dass sie den Kompass für das Wesentliche verloren hat“, führte Kaya weiter aus. Es sei kein Zufall, dass sich der Angriff auf das Parteigebäude in Bahçelievler nur einen Tag vor dem Prozessauftakt gegen den Mörder von Deniz Poyraz ereignete. Poyraz war Mitarbeiterin der HDP-Zentrale in Izmir. Im Juni wurde sie von einem Ultranationalisten mit besten Verbindungen zu Polizei und Militär erschossen. „Bei der AKP handelt es sich um einen finsteren Haufen bösartiger Gestalten. Wir sind entschlossen, sie auf den Müllhaufen der Geschichte zu katapultieren.“