Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte am Mittwoch vor „steigenden Flüchtlingszahlen als Konsequenz von Sonderkontingenten“ bei der Aufnahme geflohener Menschen und erklärte gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“: „Den Pull-Effekt, der daraus entstehen kann, dürfen wir nicht unterschätzen. Außerdem bin ich entschieden dafür, dass wir europäisch abgestimmt handeln. Leute, die einmal in Europa sind, können nur mit großem Aufwand wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden - auch dann, wenn sie keinen Schutzanspruch mehr haben.“
Seehofer blockiert Übernahme von Schutzsuchenden aus Hotspots
Seehofer blockiert alle Wünsche von Bundesländern, Schutzsuchende aus Seenot oder den Hotspot-Lagern in Griechenland aufzunehmen. Dabei sind die Hotspots alle, teilweise mehr als zehnfach, überbelegt. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfen die Schutzsuchenden sie nicht verlassen und die dort faktisch Internierten sind unterversorgt und akut vom Pandemieausbruch bedroht. Insbesondere Berlin und Thüringen, aber auch viele Kommunen, hatten sich dazu bereiterklärt, Schutzsuchende aufzunehmen.
AfD-Rhetorik vom Bundesinnenminister
In AfD-Manier agitiert der Bundesinnenminister: „Wenn jemand einen Gesprächswunsch äußert, schlage ich diesen nicht aus. Ich werde den SPD-Innenministern aber dann auch die Frage stellen: Wollen Sie mehr Zuwanderung?“ Er suggeriert damit, dass Zuwanderung negativ ist. Weiter fabuliert der Minister, wenn die Flüchtlingszahlen wieder deutlich steigen sollten, sehe er sowohl die Integration als auch die Akzeptanz in der Bevölkerung berührt. Dabei sind gerade die Kommunen und Länder, die ein humanitäres Zeichen setzen, ein Beispiel für die vorhandene Aufnahmebereitschaft.
Obergrenze nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft
Aus einer Anfrage der Linken geht zudem hervor, dass Seehofers Panikmache auf Fakenews basiert. So sind im Jahr 2019 nach Berechnungen der Bundesregierung im Rahmen des im Koalitionsvertrags vereinbarten ‚Zuwanderungskorridors‘ unter dem Strich gerade einmal 95.000 Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Im ersten Halbjahr 2020 waren es Corona-bedingt sogar nur noch 25.000 Menschen. Seehofers Obergrenze wird nicht einmal zur Hälfte erreicht.
Jelpke: „Seehofers Rhetorik ist brandgefährlich“
Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, kommentiert: „Angesichts dieser beschämend geringen Aufnahmezahlen hat Seehofer überhaupt keine Berechtigung, von Größenordnungen einer Flüchtlingsaufnahme zu fabulieren, die von den Menschen angeblich nicht mehr akzeptiert würden.“
Weiter erklärt die Linksabgeordnete: „Man hat den Eindruck, der Ordnungsfanatiker Seehofer wird erst Ruhe geben, wenn kein Flüchtling mehr in Deutschland ankommt. Die Zahl der Flüchtlinge weltweit wird immer größer, aber Deutschland nimmt immer weniger Flüchtlinge auf. Das ist nicht nur unendlich beschämend, sondern auch brandgefährlich, denn solche haltlosen Beschwörungen angeblicher Überforderung stärken am Ende nur rassistische Abwehrmuster und die extreme Rechte.“
„Deutschland hat erhebliche Aufnahmekapazitäten“
Jelpke weiter: „Deutschland hat erhebliche humanitäre Aufnahmekapazitäten. Die Initiativen einzelner Bundesländer zur zusätzlichen Aufnahme von Geflüchteten sind deshalb ein dringend notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Benötigt wird ein umfangreiches Aufnahmeprogramm, mit dem die offene Aufnahmebereitschaft von Städten, Kommunen und Bundesländern positiv genutzt und unterstützt wird, statt diese solidarischen Initiativen kaltherzig auszubremsen.“