„Sea-Eye 4“ rettet 223 Menschen im Mittelmeer

Die Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye hat auf ihrer Weihnachtsmission im Mittelmeer 223 Menschenleben vor aufziehendem Sturm gerettet. Gegenüber der Regierung von Malta erhebt der Verein schwere Vorwürfe.

Das Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ hat auf seiner Weihnachtsmission im Mittelmeer mehr als 200 Menschenleben gerettet. Wie die Hilfsorganisation Sea-Eye am Freitag in Regensburg mitteilte, rettete das Rettungsschiff in vier Einsätzen insgesamt 223 Meschen. Unter ihnen seien 29 Frauen, von denen vier schwanger wären, und acht Kinder. Die Crew suche derzeit nach einem weiteren Boot, das sich in Seenot befinde.

Seitdem die Sea-Eye 4 am Donnerstag in der maltesischen Such- und Rettungszone eintraf, erreichten zahlreiche Meldungen über Boote in Seenot das Rettungsschiff. Doch trotz akuter Lebensgefahr für etliche Menschen habe Malta seine Verpflichtung zur Koordinierung und Rettung von Seenotfällen nicht wahrgenommen, kritisiert Sea-Eye. „Zivile Seenotrettungsorganisationen sind derzeit die einzigen europäischen Einsatzkräfte, die aktiv nach den Menschen suchen und sie in Sicherheit bringen möchten.“ Die Organisation ist besorgt: Da sich das Wetter voraussichtlich bald deutlich verschlechtern wird, sinken die Überlebenschancen für die sich immer noch auf See befindlichen Menschen deutlich.

„Einerseits bin ich dankbar, dass die Sea-Eye 4 erneut viele Menschen retten konnte. Gleichzeitig ist es schwer zu ertragen, dass wir annehmen müssen, dass für einige Boote in Not keine Hilfe kam. Die Kapazitäten der zivilen Seenotrettung sind wichtig, aber auch begrenzt“, erklärte Sophie Weidenhiller, Pressesprecherin von Sea-Eye. „Die kaltblütige Ignoranz der EU kostet uns Menschenleben – das Seegrab wächst, auch wenn wir konstant dagegen ankämpfen. Die Menschen, die qualvoll ertrinken mussten, wollten bloß ein Leben in Sicherheit, auf das sie ein Recht haben – und wir verneinen es ihnen. Aber mit welchem Recht, stellen wir uns über diese Menschen und ihr Schicksal?“, so Weidenhiller.

Die Überlebenden an Bord der Sea-Eye 4 werden nun von der Besatzung versorgt und medizinisch behandelt. Ein Kind habe einen gebrochenen Arm, ein anderes einen gebrochenen Finger. Zwei schwangere Frauen leiden nach Angaben der Organisation an Magenschmerzen, andere Gerettete mussten wegen chemischen Verbrennungen und Hypothermie behandelt werden.

German Doctors: Menschenverachtendes Handeln der EU

Dr. Christine Winkelmann von der Bonner Hilfsorganisation German Doctors e.V., die Rettungseinsätze von Sea-Eye finanziell und mit medizinischem Personal und Expertise unterstützt, zeigt sich erschüttert darüber, wie viele Menschen ungeachtet der Gefahren in überfüllten, völlig hochseeuntauglichen Booten über das Mittelmeer fliehen. Es sei zutiefst menschenverachtend, dass die EU nach wie vor die Rettung dieser verzweifelten Menschen NGOs überlässt, so Winkelmann.  „Kurz vor dem Jahreswechsel hoffen wir darauf, dass sich die Politik in 2022 endlich ändert und das Sterben an der tödlichsten Seegrenze ein Ende nimmt.“