Schweden passt sich der Türkei an
In Stockholm haben am Samstag Hunderte Menschen gegen die Kriminalisierung von Kurd:innen und kurdischen Einrichtungen in Schweden protestiert. Zu der Demonstration hatten der kurdische Dachverband NCDK, der Frauenrat Amara, das Rojava-Komitee sowie Anwält:innen und Jurist:innen aufgerufen: „In letzter Zeit und insbesondere in den letzten zwei Jahren hat die Politik des schwedischen Staates in der kurdischen Frage und sein Verhältnis zum türkischen Staat große Debatten ausgelöst. Während und nach dem NATO-Beitrittsprozess ist Schweden in eine Phase eingetreten, in der das schwedische Rechtssystem, die Demokratie und die Menschenrechte in Gefahr sind. Seit einigen Monaten gibt die Sicherheitspolitik gegenüber den in Schweden lebenden Kurdinnen und Kurden Anlass zu ernster Sorge in unserer Gesellschaft. Dies kann nicht länger hingenommen werden, und wir können nicht die Augen davor verschließen; es ist notwendig, auf alle Formen der Kriminalisierung von Kurd:innen und ihren Institutionen zu reagieren.“
Der NCDK wies auf der Demonstration darauf hin, dass die Kriminalisierung in Schweden die Verweigerungshaltung des türkischen Staates hinsichtlich einer politischen Lösung der kurdischen Frage unterstütze. Der seit 25 Jahren in der Türkei inhaftierte PKK-Begründer Abdullah Öcalan sei eine Schlüsselfigur im Verhandlungsprozess zur Sicherung des Friedens in der Region und müsse freigelassen werden. „Die Kriminalisierungspolitik gegen die PKK und damit gegen die Kurdinnen und Kurden hat mit dem Mord an Olof Palme begonnen. Erst nach 34 Jahren haben die schwedischen Behörden darüber informiert, dass die PKK und die Kurden nichts mit dem Attentat zu tun hatten. Anstatt sich bei den Kurdinnen und Kurden zu entschuldigen, haben die schwedische Regierung und die SÄPO im Zuge des NATO-Beitrittsprozesses auf Wunsch von Erdogan eine neue Kriminalisierungskampagne gestartet“, erklärten die Ko-Vorsitzenden des NCDK Skandinavien, Menice Yiğit Yıldırım und Mehmet Kaya.
Der kurdische Journalist und Autor Kurdo Baksi sagte, er wisse von Dutzenden aus verschiedenen Regionen Kurdistans geflüchteten Menschen, dass der schwedische Geheimdienst SÄPO in ihre Asylverfahren eingegriffen habe. Die Rechtsanwält:innen Terfa Nisêbînî und Nikolas Wallner informierten über die Aushebelung rechtlicher Standards in Asylverfahren. Eine Verteidigung sei praktisch unmöglich, weil die SÄPO ihre vermeintlichen Beweismittel geheim halte und die betreffende Person nicht wisse, aus welchen Gründen sie des Terrorismus beschuldigt und ihr das Aufenthaltsrecht abgesprochen werde. Die SÄPO agiere auf derselben Grundlage wie der türkische Staat.