Sancar: Erdoğans Diskurs spiegelt die staatliche Mentalität wider

Erdoğans demagogische Äußerung, dass PKK-Mitglieder bis zu 15 Kinder haben, hat Verblüffung ausgelöst. Der HDP-Vorsitzende Mithat Sancar sieht in diesem Diskurs eine Mentalität, auf der die staatliche Politik in der Türkei basiert.

Die jüngsten Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zur Kinderzahl spiegeln eine Staatsideologie wider, die die Grundlage für eine verleugnende, assimilatorische Politik ist, sagte Mithat Sancar, der Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), am Samstag. Erdoğan hatte in dieser Woche Verblüffung ausgelöst, als er Mehmet Ali Çelebi, einem ehemaligen Oppositionsabgeordneten, der zur AKP übergetreten ist, dazu riet, mehr Kinder zu bekommen. Dass Erdoğan Eltern dazu rät, mehr Kinder zu bekommen, ist nicht neu. Überraschend war jedoch die Art und Weise, wie er dies rechtfertigte, indem er sagte: „Die Zahlen sollten erhöht werden, sehen Sie, die PKK hat fünf, hat zehn, hat 15 Kinder."

Hohe Kinderzahl wird als terroristischer Akt betrachtet“

In vielen Kommentaren hieß es später, dass Erdoğan damit das kurdische Volk und nicht die PKK meinte. „Erdoğan weiß sehr gut, dass die Mitglieder der Organisation [PKK] keine Kinder haben. In Wirklichkeit baut er eine nationalistische Rhetorik auf, indem er die kurdische Bevölkerung impliziert. Die Kurdinnen und Kurden haben das verstanden. Er sieht eine hohe Kinderzahl als terroristischen Akt an", erklärte etwa die HDP-Abgeordnete Meral Danış Beştaş. Dahinter stehe eine ausgeprägte rassistische und kurdenfeindliche Mentalität.

Demografisches Engineering“

Mithat Sancar sagte am Samstag auf einer Sitzung der HDP-Provinzverbandsvorsitzenden in Ankara: „Dieser Diskurs kann nicht als unbewusst geäußerte Worte bewertet werden. Diese Äußerung spiegelt eine Mentalität wider, die die Grundlage der verleugnenden, assimilierenden Staatspolitik bildet. Diese Mentalität kann man technisch gesehen und milde ausgedrückt als demografisches Engineering bezeichnen, das als Instrument einer assimilatorischen Politik eingesetzt wird.“

Höhere Geburtenrate in Kurdistan

Die höhere Geburtenrate in den kurdisch besiedelten Regionen der Türkei ist seit Jahren eine weit verbreitete Sorge der türkischen Nationalisten, die den Verlust ihres demografischen Vorteils in der Zukunft befürchten. Die Kurd:innen machen schätzungsweise mindestens 20 Prozent der Bevölkerung des Landes aus. Da vor allem der Anteil junger Menschen in Kurdistan größer ist, ist davon auszugehen, dass sich die Bevölkerungsanteile in den kommenden Jahren angleichen werden.