Rojava: Grenzübergang Sêmalka als Druckmittel von MIT und PDK

Seit 2013 wird der Grenzübergang Sêmalka von Südkurdistan nach Rojava vom türkischen Geheimdienst MIT und der südkurdischen PDK als Mittel eingesetzt, um die Selbstverwaltung von Rojava unter Druck zu setzen.

Der Grenzübergang Sêmalka ist international berüchtigt. Er stellt einen der wenigen Wege nach Rojava dar. PDK und der türkische Geheimdienst MIT haben jedoch ein Willkürregime, von dem jede internationale Delegation und jede Journalist:in, die die Region bereiste, ein Lied singen kann, errichtet. Das Passieren der Grenze ist immer wieder ein Kampf, und das Absperren der Grenze bei Sêmalka dient auch dem Versuch, eine diplomatische Anerkennung der Selbstverwaltung von Rojava zu verhindern und die Region zu isolieren und mit einem Embargo zu belegen. Doch vor allem sind auch lebenswichtige Güter und der Personenverkehr zwischen den kurdischen Regionen von der Blockade der südkurdischen Regierungspartei PDK, die eng mit dem türkischen Geheimdienst MIT kollaboriert, betroffen.

Sêmalka – einer der wichtigsten Grenzübergänge

Der Grenzübergang Sêmalka ist einer der wichtigsten Grenzübergänge für Nord- und Ostsyrien. Er stellt den wichtigsten Knotenpunkt dar, auf dem Handelsgüter und insbesondere medizinische Güter und Lebensmittel in die Region kommen. Manche Krankheiten können noch nicht in Rojava behandelt werden, daher müssen die Patient:innen nach Südkurdistan gebracht werden, das gleiche gilt auch für besonders schwer im Kampf gegen den IS Verletzte. Es gibt neben Sêmalka einen zweiten wichtigen Grenzübergang nach Rojava. Der Grenzübergang Al-Yarubiyah (ku. Til Koçer) liegt im irakisch beanspruchten Teil Südkurdistans und ist aufgrund eines Embargos komplett geschlossen. Die Schikanen und die Einschränkung des Verkehrs in Sêmalka wirken sich daher immer gravierender auf die Versorgungslage in Rojava und Nord- und Ostsyrien aus.

Sêmalka – ein Ort der Schikane und Demütigung

Menschen, die aus Rojava nach Südkurdistan reisen wollen, werden mit einer Reihe von schikanösen Befragungen und Maßnahmen überzogen. Die Dokumente der Personen, die am Grenzübergang Sêmalka bearbeitet werden, müssen zuerst an die südkurdische Verwaltung von Peşhabur geschickt werden, und die Menschen müssen Stunden oder gar Tage warten, bis eine Antwort eintrifft. Anschließen müssen sie ein Formular, das mit Geheimdienstfragen gespickt ist, ausfüllen. Dann werden sie befragt und anschließend in einen Raum zu einem Kreuzverhör gebracht. Dort werden sie unter Druck gesetzt, und wenn sie die Fragen nicht beantworteten, dürfen sie die Grenze nie wieder passieren. Es wird vermutet, dass es sich bei den Verhörspezialisten um MIT-Agenten handelt.

Menschen werden zur Denunziation erpresst

Die Menschen warten oft Stunden, manchmal tagelang darauf, die Grenze passieren zu dürfen. Die Fragen auf dem auszufüllenden Formular sind bezeichnend. Es werden Fragen wie nach dem Vaternamen des Großvaters der Mutter, dem Namen des Großvaters des Ehepartners, dem Stamm, dem ethnischen Hintergrund, ehemaligen Wohnanschriften gestellt. Weitere Fragen nach Parteizugehörigkeit und Versammlungen folgen. Hier wird auch nach Parteihierarchie, Kommune und Räten gefragt. Die Menschen werden regelrecht zur Denunziation erpresst.

Warum behandeln sie uns so?“

Die Menschen sind beunruhigt. Die PDK, die kurdischen Nationalismus wie eine Standarte vor sich her trägt, errichtet im türkischen Auftrag Grenzen durch Kurdistan, mit denen die Bevölkerung getrennt und schikaniert wird. Reisende erklären gegenüber ANF: „Wir sind auch Kurden. Sie behaupten auch Kurden zu sein. Wir verstehen nicht, was da passiert. Warum behandeln sie uns so? Es reicht. Wir erleben hier Dinge, die nirgendwo sonst auf der Welt geschehen. Für Reisen in andere Länder brauchen wir oft nicht einmal Visa, aber in unserem eigenen Land sind wir solchen Maßnahmen ausgesetzt, allein wenn wir von einem Teil in den anderen Reisen.“

Schläge wegen dem Wort „Heval“

Insbesondere junge Menschen und Frauen werden von der PDK an der Grenze schikaniert. Ein Jugendlicher, der nach Rojava einreisen wollte, wurde von der PDK verprügelt, weil er das kurdische Wort „Heval“, das Freund:in bedeutet, benutzt hat. „Heval“ wird ähnlich wie der Begriff Genoss:in im deutschen im linken und revolutionären Kontext insbesondere in der kurdischen Freiheitsbewegung verwendet.

Auch im Kampf gegen den IS Verwundete werden nicht über Grenze gelassen

Die HPG aber auch der Kampf der YPG und YPJ haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Südkurdistan vor dem IS zu retten, während die Peschmerga der PDK die Flucht ergriffen hatten. Statt Dankbarkeit zu zeigen, werden im Kampf gegen den IS schwerverletzte Kämpfer:innen von der PDK nicht zur Behandlung nach Südkurdistan gelassen. Menschen, die Verletzte in Südkurdistan unterstützen, werden von der PDK sogar bedroht.

Schließung aus Protest keine Lösung

Aus Protest gegen die Schikanen hatte die Selbstverwaltung im vergangenen Juni den Grenzübergang Sêmalka vorübergehend geschlossen. Die Verantwortlichen der Selbstverwaltung hatten erklärt: „Wir wollen, dass unsere Bevölkerung die Grenze in Würde passieren kann.“ Aus pragmatischen Gründen und aufgrund des Protestes der Bevölkerung gegen diese Maßnahme, wurde die Schließung sofort wieder aufgehoben.