Türkei richtet „Propagandaministerium“ ein

Die stellvertretende HDP-Fraktionsvorsitzende Meral Danış Beştaş beschreibt die Einrichtung der „Behörde für strategische Kommunikation und Krisenmanagement“ als ein Instrument zur Desinformation und Meinungsmanipulation.

Die Demokratische Partei der Völker (HDP) kritisiert die Einrichtung der „Behörde für strategische Kommunikation und Krisenmanagement“ in der Türkei. Durch die Schaffung der Behörde würden die schweren Eingriffe in Meinungs- und Pressefreiheit zur offiziellen Staatspolitik gemacht. Der Staat versuche so, die Gesellschaft in seinem Sinne zu gestalten.

Per Dekret die Verfassung gebrochen

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der HDP, Meral Danış Beştaş, weist darauf hin, dass die Gründung der Behörde einem Urteil des Verfassungsgerichts widerspricht. Das Verfassungsgericht hatte 2018 abgelehnt, die Finanzierung dieser Behörde aus dem Gesamtbudget des Informationsministeriums, des Staatsarchivs und der Verwaltung der nationalen Paläste per Präsidialdekret zuzulassen. In der Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass für die Gründung einer solchen Behörde ein Präsidialdekret nicht ausreicht. Stattdessen sei ein Gesetz nötig. Dennoch habe das Informationsministerium ohne jegliche gesetzliche Grundlage den Aufbau der Propagandabehörde weiter vorangetrieben und mithilfe eines neuen Dekrets diese nun offiziell eingerichtet.

Propagandaministerium zur Meinungsmache

Beştaş warnt, dass es bei der Behörde nicht darum gehe, wie behauptet gegen „Meinungsmanipulation gegen die Türkei“ vorzugehen, sondern selbst Manipulation und Desinformation zu betreiben. Diese Behörde werde immer „neue Feinde“ schaffen, um die Opposition zu bekämpfen und die Gesellschaft „durch Rassismus, Diskriminierung und Nationalismus polarisieren“.

Totale Überwachung durch den Präsidentenpalast

Beştaş weist darauf hin, dass sich dies bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen ausdehnen könne und die Behörde vor allem die drei wichtigsten Begriffe für Meinungsmanipulation benutzen werde. Diese seien Gefahr, Misstrauen und Bedrohung. Sie fährt fort: „Innenminister Soylu hat ein Zentrum mit dem Namen ‚Präsidium für Sicherheit und Notlagen gegründet‘. Dabei sollen alle Standorte von Kameras in der Türkei, des Verkehrs- und der Sicherheitsbehörden zusammengeschlossen und in einer Behörde im Präsidialamt im Notfall zusammengeführt werden können. Was bedeutet das? Die Türkei ist zu einem offenen Gefängnis geworden. Das ist sehr gefährlich. Die Regierung wird versuchen, weiter zu polarisieren, weiter an der Lagerbildung zu arbeiten und durch Schaffung einer Stimmung der Angst die Menschen zu zwingen, ihre Politik zu akzeptieren. Sie wird Gefahr, Misstrauen und sein gesamtes Drohpotential einsetzen und ein Gefühl schaffen, dass jeder Lebensbereich beobachtet, dokumentiert und verfolgt wird. Auf diese Weise soll die Gesellschaft im Sinne der Regierung gestaltet werden.“

Gegen Recht und Verfassung

Durch die Schaffung werden die schweren Eingriffe in Meinungs- und Pressefreiheit nun zu offiziellen Staatspolitik gemacht, sagt Beştaş und fährt fort: „Die Regierung gibt offen zu, die Urteile des Verfassungsgerichts nicht anzuerkennen und mit ihrem Vorgehen weiterzumachen.“ Beştaş vergleicht die Behörde mit Goebbels Propagandaministerium: Sie beruhe auf den gleichen Prinzipien der Desinformation und Manipulation. Dennoch sei sie auch ein Ausdruck der Schwäche des Regimes, denn sie zeige, dass die Regierung mit dem Rücken zur Wand stehe und alle Mittel einsetze, um Akzeptanz in der Gesellschaft durchzusetzen. Beştaş benutzt das Sprichwort, „Der Speer passt nicht mehr in den Sack“, um auszudrücken, dass das Regime nicht mehr in der Lage ist, Zustimmung ohne Gewaltmittel zu erzeugen. „Der Sack ist überall aufgeplatzt. Natürlich wird die Regierung damit nicht erfolgreich sein. Es zeigt einfach nur, wie handlungsunfähig sie ist“, erklärt sie.

Beştaş kündigt an, die HDP werde erneut vor das Verfassungsgericht ziehen. Die Einrichtung der Behörde müsse annulliert werden.